USA

Fragen & Antworten: Trump und die "russische Erpressung"

Trump bei der Pressekonferenz.
Russland hat angeblich nicht nur gezielt Wahlhilfe für Donald Trump geleistet. Nach - allerdings unbestätigten - Berichten soll Moskau auch kompromittierendes Material über den künftigen US-Präsidenten gesammelt haben. Könnte da etwas dran sein?

Nur noch eine gute Woche - dann soll Donald Trump seinen Amtseid leisten. Jetzt sorgen Berichte, nach denen Russland angeblich belastendes Material über ihn gesammelt hat, für Wirbel. Der Republikaner und Russland weisen die Vorwürfe entschieden zurück.

Worum geht es überhaupt?

Es kursiert ein Dokument, in dem beschrieben wird, wie russische Geheimdienste versucht haben sollen, Trump erpressbar zu machen. Dies soll unter anderem mit Hilfe von kompromittierende Sexvideos von Trump mit Prostituierten geschehen sein, aber auch mit Angeboten lukrativer Immobiliengeschäfte in Russland. Diese habe Trump allerdings abgelehnt. Dem von Medien veröffentlicht Dokument zufolge will der Moskauer Dienst FSB genug Informationen gesammelt haben, dass sie zur Erpressung Trumps ausreichen.

Woher stammen diese Berichte?

Die US-Geheimdienste haben sie nicht selber gesammelt. Sie sollen auf dem Dossier eines ehemaligen britischen Geheimdienstlers beruhen, der im Auftrag einer politischen Recherchefirma in Washington gearbeitet haben soll. Der Ex-MI-6-Mann ist bei US-Diensten als erfahrener Russland-Experte bekannt und gilt als verlässlich.

Das Wall Street Journal berichtete am Mittwochabend, bei dem früheren britischen Geheimagenten handle es sich um Christopher Steele, der inzwischen die Londoner Firma Orbis Business Intelligence leitet. Die Firma Orbis wurde 2009 von "früheren britischen Geheimdienst-Spezialisten gegründet", wie es auf ihrer Internetseite heißt. Für eine Stellungnahme zu den Berichten war sie zunächst nicht zu erreichen.

Die Informationen sollen zunächst von republikanischen Trump-Gegnern und dann später von Anhängern der demokratischen Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton bezahlt worden sein. Wie CNN und der Guardian nun berichten, soll der republikanische Senator John McCain - einer der größten Trump-Kritiker innerhalb der Grand Old Party - das Dossier am 9. Dezember dem FBI zwecks Prüfung übergeben haben. Von dort wurde das Material offenbar zu weiteren US-Diensten weitergereicht.

Wie ist das angebliche Dossier überhaupt publik geworden?

Wie ersten Einzelheiten über das Dossier sollen nach Medienberichten schon im Juni unter Journalisten und Politikern in Washington zirkuliert haben. Aber Medien stiegen angeblich nicht ein, weil sie die Angaben - im Gegensatz zu anderen über Trump im Wahlkampf verbreiteten Informationen - nicht verifizieren konnten und die Dimension der Vorwürfe so enorm ist. Wer nun an die Öffentlichkeit lancierte, dass Geheimdienste Trump und Obama in der vergangenen Woche informiert haben sollen, ist unklar. Als Erstes berichteten CNN und die New York Times darüber, ohne aber Einzelheiten aus dem Dossier zu nennen. Diese wurden erst vom Nachrichtenportal Buzzfeed publik gemacht - was in den USA eine Diskussion über journalistische Sorgfaltspflicht und Ethik auslöste.

US-Geheimdienstdirektor James Clapper geht nach eigenen Angaben davon aus, dass die Informationen nicht von den US-Geheimdiensten an die Medien weitergegeben wurden. Er habe Trump darüber informiert, "dass dieses Dokument kein Produkt der US-Geheimdienste ist und dass ich nicht glaube, dass die Veröffentlichungen aus dem Innern der Geheimdienste kamen", erklärte Clapper.

Wie stichhaltig sind die Vorwürfe?

Die US-Geheimdienste selber haben Medienberichten zufolge ausdrücklich betont, dass die Vorwürfe nicht belegt seien. Und eine Reihe von Medien, die schon seit Längerem von dem Dossier gewusst haben wollen, haben nach eigenen Angaben nicht darüber berichtet, weil sie Stichhaltigkeit nicht unabhängig verifizieren konnten. Alles, was über das angebliche Dossier bekannt wurde, scheint zudem auf nicht identifizierten Quellen zu beruhen.

Russland und Trump (letzterer vor allem bei seiner ersten Pressekonferenz am Mittwoch) selber haben die Vorwürfe entschieden zurückgewiesen - was an sich natürlich nicht überrascht. Aber so weit bekannt, hat Trump als Geschäftsmann auch tatsächlich keine größeren Deals mit Russland abgeschlossen, was die Möglichkeit einer Erpressbarkeit zumindest in diesem Bereich zweifelhaft erscheinen lässt. Rückendeckung erhalten Russland und Trump dabei von der von Julian Assagne gegründenten Plattform Wikileaks. Über den Twitteraccount heißt es: "Das 35-seitige PDF-Dokument, das von Buzzfeed zu Trump veröffentlicht wurde, ist kein Geheimdienstreport. Der Stil, die Fakten und die Daten sind nicht glaubwürdig." In einem darauf folgenden Tweet behauptet Wikileaks, dass das Dokument eindeutig gefälscht sei.

Wie schädlich wären die angeblich gesammelten Informationen, wenn sie denn wirklich zuträfen?

Ein Teil bezüglich Trumps Privatleben ist pikant. Anderes dagegen, etwa dass die Hackerangriffe auf die Demokraten angeblich mit voller Kenntnis und Unterstützung von Trump und dessen Team stattgefunden haben sollen und der Republikaner angeblich Russland bereits im Wahlkampf im Gegenzug zur Wahlhilfe politische Zugeständnisse machte, wäre politisch sogar fatal. Experten sehen darin unter Umständen den Tatbestand des Landesverrates erfüllt.

Warum das alles jetzt?

Darüber lässt sich nur spekulieren. Nach Lage der Dinge öffnete eine Frage an FBI-Chef James Comey in einem Senatsausschuss am Dienstnachmittag die Schleusen. Comey wurde mit dem Thema konfrontierte, ging aber nicht darauf ein. Viele wussten jedoch, worum es ging. Unklar ist die Motivlage. Kaum vorstellbar, dass jemand tatsächlich geglaubt haben könnte, die Amtsübernahme von Trump in letzter Minute doch noch verhindern zu können. Möglich ist der Versuch, Trump zum Amtsantritt Knüppel zwischen die Beine zu werfen. Seine Russland-Sympathien sorgen seit langem für Zündstoff, und am Mittwoch hat das Bestätigungsverfahren im Senat für den bisherigen ExxonMobil-Chef Rex Tillerson als Außenminister begonnen. Tillerson verfügt tatsächlich über direkte Beziehungen zu Putin, und die Russland-Verbindungen der neuen Regierung in den Vordergrund zu rücken, könnte für Trump-Gegner opportun sein.

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