Flüchtlinge: Tusk will Kehrtwende in Politik

Tusk will Flüchtlingspolitik Neu
18-monatige Überprüfung: Der EU-Ratspräsident plädiert für Begrenzung des Zustroms.

Neue Töne von der höchsten europäischen Ebene: EU-Ratschef Donald Tusk will den Zustrom von Flüchtlingen durch eine drastische Ausdehnung der Prüfzeit bremsen. Im Völkerrecht und auch im EU-Recht gebe es eine Regel, wonach "18 Monate für die Überprüfung gebraucht werden", sagte Tusk gegenüber dem "Guardian" und anderen europäischen Zeitungen. Derzeit sei es "zu einfach" für die Flüchtlinge, in die EU zu gelangen. "Bitte spielen sie die Rolle der Sicherheit nicht herunter", sagte der frühere polnische Ministerpräsident. "Wenn man Einwanderer und Flüchtlinge überprüfen will, braucht man mehr als nur eine Minute für Fingerabdrücke."

Der Ratspräsident liegt in der Flüchtlingsfrage mit der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel über Kreuz, die seit Monaten für eine Umverteilung der Neuankömmlinge unter allen EU-Staaten kämpft. Gegen den Widerstand Polens und anderer osteuropäischer Länder hatten die EU-Innenminister im September zunächst eine Umsiedlung von 120.000 Flüchtlingen aus Griechenland und Italien beschlossen. Die Entscheidung per qualifizierter Mehrheit grenze an "politische Nötigung", sagte Tusk. Er könne verstehen, dass es mehrere Länder gebe, die sich gegen einen permanenten und verbindlichen Umverteilungsmechanismus stemmten.

Er fordert generell eine Kehrtwende in der Flüchtlingspolitik. "Wenn wir Regeln haben, dann müssen wir sie einhalten", so Tusk in der "Süddeutschen Zeitung". Das gelte auch für das Dublin-Verfahren, das die Rückführung von Flüchtlingen in das Land vorsieht, über das sie in die EU eingereist sind. "Wir können vor unseren Verpflichtungen nicht davonlaufen. Auch Deutschland nicht", sagte Tusk. Der Zustrom von Flüchtlingen nach Europa müsse deutlich begrenzt werden. Von den politischen Führern erwarte er eine veränderte Einstellung. "Manche von ihnen sagen, die Flüchtlingswelle sei zu groß, um sie zu stoppen. Das ist gefährlich." Gesagt werden müsse vielmehr: "Diese Flüchtlingswelle ist zu groß, um sie nicht zu stoppen." Niemand in Europa sei bereit, "diese hohen Zahlen aufzunehmen, Deutschland eingeschlossen".

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