Flüchtlinge: Heikle Kooperation der EU mit Türkei
Die Treffen der EU-Spitzenpolitiker heute, Donnerstag, in Brüssel, stehen ganz im Zeichen der Flüchtlingskrise. Im Vorfeld droht Bundeskanzler Werner Faymann mit der Kürzung der EU-Beiträge Österreichs. "Wer unter dem Strich mehr Geld aus dem EU-Haushalt erhält als einzahlt, sollte sich bei einer fairen Verteilung der Flüchtlinge nicht einfach wegducken", sagte Faymann der Zeitung Die Welt.
Der KURIER beantwortet zum Mini-Gipfel die wichtigsten Fragen:
Warum lädt Bundeskanzler Faymann zu einem Mini-Gipfel ein?
Merkel & Faymann initiierten die "Koalition der Willigen" (Deutschland, Österreich, Benelux-Staaten, Finnland, Schweden, Griechenland, Frankreich, eventuell Portugal). Sie wollen eine rasche und faire Lösung der Flüchtlingskrise. Am Donnerstagvormittag kommen die Willigen in der österreichischen EU-Vertretung mit dem türkischen Premier Ahmet Davutoğlu zusammen. Es geht dabei um eine Evaluierung der bisher von der Türkei geleisteten Maßnahmen.
Warum schlägt Faymann die Umsiedlung türkischer Flüchtlinge vor?
Beim EU-Türkei-Gipfel am 29. November wurde ein Aktionsplan vereinbart. Für Flüchtlingsprojekte in der Türkei zahlt die EU drei Milliarden Euro für zwei Jahre. Faymann schlägt vor, 40.000 bis 50.000 anerkannte Flüchtlinge aus der Türkei in der EU aufzunehmen (das ist Teil des Aktionsplanes) unter der Bedingung, dass die Türkei die Außengrenze schützt und keine Flüchtlinge mehr in die EU durchlässt. Die Aufteilung der Flüchtlinge ist noch offen. Die EU stellt Ankara die Visa-Liberalisierung ab 2017 in Aussicht, auch Beitrittsverhandlungen werden wieder geführt. Die Zusammenarbeit mit der Türkei ist aber schwierig. Gestern hat der türkische Europa-Minister gefordert, die drei Milliarden innerhalb eines Jahres auszuzahlen und der Türkei die Vergabe der Mittel zu überlassen. Geplant ist, dass Ankara und Brüssel gemeinsam entscheiden, wofür das Geld ausgegeben wird.
Warum ist den Regierungen der effiziente Schutz der EU-Außengrenze so wichtig?
Mit sicheren Außengrenzen – hauptsächlich zwischen der Türkei und Griechenland – soll der Flüchtlingsstrom eingedämmt und die Schlepper-Kriminalität bekämpft werden.
Retten sichere EU-Außengrenzen Schengen?
Ja, sagt die EU-Kommission. Sie will das freie Reisen im Schengen-Raum aufrechterhalten. Zuletzt führten wegen der Flüchtlinge immer mehr Länder temporäre Grenzkontrollen ein.
Warum nimmt Schweden derzeit keine Quotenflüchtlinge auf?
Schwedens Regierung hat bei der EU-Kommission angesucht, ein Jahr lang von der Flüchtlingsaufnahme im Rahmen den Quote befreit zu werden. Der Grund: 200.000 Flüchtlinge kamen heuer nach Schweden, allein 80.000 im Oktober und November. Dazu kommen viele unbegleitete Minderjährige. Für sie wurden jetzt 200 Schulklassen eingerichtet. Schweden hat zuletzt die Asylgesetze verschärft und Grenzkontrollen eingeführt.
Was sind andere Themen beim EU-Gipfel?
Die Bekämpfung des Terrorismus, das Funktionieren des Binnenmarktes als Grundlage für europäisches Wachstum und eine erste Debatte über die Forderungen Großbritanniens. Wie die EU London vor dem Referendum entgegenkommt, wird erst im Februar beschlossen.
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