Faymann und Merkel: EU-Lösung forcieren

Angela Merkel und Werner Faymann.
Flüchtlings-Drama überschattet Westbalkan-Konferenz. Faymann und Merkel pochen auf "faire Verteilung".

Deutschland und Österreich wollen gemeinsam mit Frankreich, Griechenland und Italien in der EU ein gemeinsames Vorgehen in der Flüchtlingskrise forcieren. Das machten Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) und die deutsche Kanzlerin Angela Merkel am Donnerstag in Wien deutlich.

Faymann räumte ein, dass man bei einer Konferenz nicht alle Probleme lösen könne und erinnerte an die Situation der Flüchtlinge im 2.Weltkrieg. "Auch im 2.Weltkrieg waren viele Menschen darauf angewiesen, dass ihr Asylrecht nicht nur auf dem Papier exisitiert", sagte Faymann. Merkel geht davon aus, dass Europa "als reicher Kontinent" dieses Problem lösen kann. Gerade die Westbalkan-Staaten sind bei der Flüchtlingswelle Transitstaaten und es sei Pflicht, ihre Herausforderungen zu lindern, so Merkel. Weiters sei eine gemeinsame Asylpolitik ohnehin im Lissaboner Vertrag festgelegt, sagt Merkel. Aber: "Die geltende Rechtssituation wird nicht eingehalten", so Angela Merkel.

Sie sprach sich für eine faire Verteilung von Flüchtlingen aus und sah eine direkte Verbindung zwischen geplanten Registrierungszentren in Italien und Griechenland, von denen aus Flüchtlinge verteilt werden sollen, mit Quoten. Sie will vor allem Asylanträge von Personen mit hoher Aufnahmechance, wie etwa Syrer, und Anträge von Personen mit äußerst geringer Aufnahmechance, wie Bürger des Westbalkans, schnell bearbeitet wissen.

"Es gibt Länder, die von der Flüchtlingsproblematik nicht so betroffen sind. Diese gilt es zu überzeugen."

Und Faymann zum Thema Aufteilung der Flüchtlinge: "Es gibt Länder, die von der Flüchtlingsproblematik nicht so betroffen sind. Diese gilt es zu überzeugen." Angesichts der Tragödie der toten Flüchtlinge auf der A4 drängte der Kanzler einmal mehr, das Schlepperwesen entsprechend zu bekämpfen.

Auch Merkel mahnte in Richtung EU-Partner, die sich bisher ablehnend zeigten, Flüchtlinge zu übernehmen: Der eine dürfe nicht gegen den anderen Arbeiten. "Die Welt schaut auf uns. Österreich und Deutschland und viele andere sind dazu bereit, und wir werden darüber mit Nachdruck reden."

Mogherini kündigte gegenüber dem KURIER eine Änderung der Dublin-III-Verordnung an. So soll es künftig möglich sein, Kriegsflüchtlinge rasch aufzunehmen, wie dies Deutschland am Dienstag dieser Woche für Syrien-Flüchtlinge beschlossen hat.
Für Flüchtlinge aus Syrien mit einer hohen Anerkennungsquote gibt es rasche Verfahren. „Wir prüfen die Personen, wir dürfen aber nicht die Bürokratie Triumphe feiern lassen“, betonte die deutsche Kanzlerin.

Weiters will die Kommission in den nächsten Wochen einen neuen Quotenvorschlag präsentieren. „Daran arbeiten wir hart, doch die Umsetzung liegt bei den EU-Mitgliedsländern“, betonte Mogherini. Sie ließ nicht unerwähnt, dass die EU auch Erfolge zu verzeichnen hat. Die Seenot-Rettung vor der libyschen Küste wird auf die hohe See ausgedehnt. Für eine militärische Aktion im Mittelmeer fehlt aber das UNO-Mandat.

Projekte der Westbalkan-Konferenz

Im Rahmen der Westbalkan-Konferenz wurde erwartungsgemäß wurde ein 600 Mio. Euro schweres Energie-, Straßen- und Bahnpaket für die Staaten der Balkanregion beschlossen. Insgesamt werden damit zehn verschiedene Projekte angestoßen, unter anderem geht es um eine Autobahn vom serbischen Nis über die kosovarische Hauptstadt Prishtina bis zur albanischen Küstenstadt Durres. Weiters wird die Eisenbahnstrecke zwischen Belgrad und Sarajevo modernisiert.

Zuvor hatte Bundeskanzler Werner Faymann die Konferenz eröffnet und die Flüchtlingsproblematik hat sich prominent auf das Programm gedrängt.

An die anderen EU-Mitglieder gerichtet forderte der Kanzler erneut eine "faire Verteilung" von Asylsuchenden via verpflichtender Aufnahmequoten sowie eine gemeinsame Sicherung der EU-Außengrenzen. Ohne diese "werden wir diese Herausforderung nicht lösen können", erklärte Faymann. Scharf verurteilte er Schlepper, die am Leid von Flüchtlingen verdienen. Auch gegen sie anzukämpfen sei eine "gemeinsame Pflicht".

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Hahn: "Brennende Frage"

In Wien tagen die Ministerpräsidenten der sechs Westbalkan-Staaten, die sich der EU annähern: Serbien, Bosnien, Montenegro, Mazedonien, Albanien und Kosovo. Parallel dazu tagen die Außen- und die Wirtschaftsminister. Bei der Pressekonferenz am Vormittag betonten Österreichs EU-Erweiterungskommissar Johannes Hahn und Außenminister Sebastian Kurz, wie wichtig die Konferenz sei. Angesichts des Flüchtlingsstroms über die sogenannte Westbalkan-Route müsse vor allem über die Migration nach Europa debattiert werden, so Hahn.

Die Flüchtlingskrise, erklärte Kurz, sei die "brennendste Frage, die uns derzeit beschäftigt". Daher müsse sich die Europäische Union und die Nicht-Mitgliedsstaaten auf eine gesamteuropäische Antwort einigen. Die EU-Kommission stellt bis zu 500 Millionen Euro zusätzlich für Flüchtlinge am Balkan in Aussicht, kündigte Hahn am Rande der Konferenz an.

Frank-Walter Steinmeier eröffnete sein Statement mit einem Lob auf die österreichische Gastfreundschaft während den "harten aber zufriedenstellenden Gesprächen über das Atomabkommen mit dem Iran." Der deutsche Außenminister zog mit Österreichs Vertretern gleich und erklärte, dass man nun vor allem die Balkanländer bei der Flüchtlingsfrage unterstützen sollte.

Serbien und Mazedonien

Nach den deutschsprachigen Politikern waren die Außenminister Serbiens und Mazedoniens, Ivica Dacic und Nikola Poposki, an der Reihe. Dacic zeigte sich über Hahns Ansage, die EU wolle mit den serbischen Beitrittsverhandlungen Anfang 2016 beginnen, erfreut: "Wir mussten in letzter Zeit mit vielen Schuldzuweisungen zurechtkommen", erklärte Dacic, "Beitrittsverhandlungen müssen nun ermöglicht werden". Zur Westbalkanroute: "Serbien ist ein Transitland. Über Migration muss nun ausführlich gesprochen werden, eine gemeinsame Lösung muss her."

Poposki richtete seine Worte zunächst an die Vertreter bei der Westbalkan-Konferenz: Es sei wichtig, dass man die Steuerzahler und Steuerzahlerinnen davon überzeuge, dass dieses Treffen sinnvoll sei. "Wir müssen zeigen, dass etwas weitergeht", appellierte der mazedonische Außenminister. Wie auch die anderen Außenminister forderte der Mazedonier eine Lösung auf europäischer Ebene.

Faymann und Merkel: EU-Lösung forcieren
German Chancellor Angela Merkel (R) embraces Austrian Chancellor Werner Faymann as she arrives for the Western Balkans Summit at Hofburg palace in Vienna, Austria, August 27, 2015. REUTERS/Heinz-Peter Bader

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel nimmt ebenfalls an der Westbalkan-Konferenz teil. Sie trifft auch Bundespräsident Fischer, und Bundeskanzler Werner Faymann überreicht ihr das Große Goldene Ehrenzeichen am Bande für Verdienste um Österreich, der zweithöchste Orden der Republik.

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