"Sie ist ein Superstar, sie strahlt, die Menschen sind stolz auf sie", sagt die Journalistin Veera Luoma-aho über das Phänomen Sanna Marin. Finnlands Regierungschefin genießt laut der politischen Beobachterin nicht nur im Ausland enorme Sympathie, auch zuhause würde sie jede Direktwahl eines Regierungschefs gewinnen.
Jedoch bestimmen die Finnen am Sonntag nicht ihren Premier, sondern ein neues Parlament. Und Marins Sozialdemokraten sind weit weniger beliebt als ihre charismatische Vorsitzende.
In Umfragen lag die Partei zuletzt bei 19 Prozent der Stimmen, gleichauf mit den rechts-populären „Basisfinnen“. Platz eins erzielte mit gut 20 Prozent die konservative Sammlungspartei. Wer das Rennen machen wird, lässt sich angesichts dieser Ergebnisse nicht vorhersagen.
Für die Sozialdemokraten spricht vor allem Marin, deren Popularität anders als in Finnland üblich am Ende ihrer Amtszeit nicht gesunken ist. Marin hat das Land erfolgreich durch die Pandemie navigiert und den NATO-Beitritt unter Dach und Fach gebracht.
Beobachtern zufolge könnte es diesmal Wochen dauern, bis die Finnen eine neue Regierung haben. Die Sozialdemokraten und mehrere andere Parteien haben ausgeschlossen, mit den „Basisfinnen“ zu kooperieren. Die Sammlungspartei kann sich Gespräche mit den Rechten vorstellen.
Und so könnte es sein, dass Finnland bald nicht mehr von einer weit links stehenden Frau geführt wird, sondern von einer rechten.
Linke Politik
In Wirtschaftsfragen, dem am meisten diskutierten Thema, schwächelt Marin allerdings laut Experten. Die 37-Jährige vertritt seit Jugendtagen eine sehr linke Politik und hat angekündigt, trotz massiv gestiegener Staatsverschuldung keine Kürzungen bei Sozialausgaben zuzulassen.
Stimmen könnte ihr eine Äußerung bei einem Besuch in Kiew kosten: Finnland „könnte“ eine Lieferung von Kampfjets an die Ukraine erwägen, sagte sie – was vielen Finnen zu weit ginge.
Der Spitzenkandidat der Sammlungspartei, Petteri Orpo (53), hat seinen Schwerpunkt auf die Wirtschaft gelegt. Er argumentierte gegen die Ausgaben-Politik der Sozialdemokraten, konnte aber in TV-Konfrontationen im Vergleich nicht überzeugen.
Niemand will mit den "Basisfinnen" kooperieren
Ähnlich wortgewandt wie Marin ist die Frontfrau der rechten „Basisfinnen“, die 45-jährige Riika Purra. Die Partei möchte Immigration beschränken, Entwicklungshilfe kürzen und auf lange Sicht aus der EU austreten.
Sie ist vor allem bei jungen Wählern beliebt und spricht – anders als andere rechte Kräfte in Europa – auch viele Frauen an. Grund ist laut Experten ihr gekonnter Auftritt auf der Video-Plattform TikTok.
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