Financial Times stellt sich gegen Brexit

Nach der "Financial Times" (Bild) trennt sich das Verlagshaus Pearson auch von seinen Economist-Anteilen.
Renommierte britische Zeitung warnt vor Isolierung und wirtschaftlichen Folgen.

Eine Woche vor dem Brexit-Referendum hat die britische Zeitung Financial Times Position bezogen: Anders als das Boulevardblatt The Sun, das am Dienstag für den EU-Austritt Großbritanniens warb, warnte die Financial Times am Donnerstag vor einer Isolierung Großbritanniens und den wirtschaftlichen Konsequenzen eines Brexit.

In einem Leitartikel warnte die Zeitung, die "ökonomischen Kosten eines Rückzugs" Großbritanniens aus der EU würden "substanziell" sein. Der europäische Binnenmarkt habe dem Land viele Vorteile gebracht. Seit dem EU-Beitritt Großbritanniens 1973 sei das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf "schneller gestiegen als in Frankreich, Deutschland und Italien". Der Binnenmarkt sei ein "Magnet für ausländische Direktinvestitionen" und ein Garant für britische Jobs.

Historische Dimension

Die Financial Times hob auch die historische Dimension der Entscheidung hervor: "Ein Votum für den Austritt wäre unumkehrbar und ein schwerer Schlag für die liberale Weltordnung der Nachkriegszeit", hieß es im Leitartikel. Ein Brexit setze dem "liberalen Internationalismus" einen "verklemmten Nationalismus" entgegen, es setze einem "offenen Handelssystem" die "Marginalisierung" entgegen.

Die Zeitung warnte davor, dass sich Großbritannien in einer Zeit grenzüberschreitender Probleme abschotten würde: "Ein konstruktiver Dialog ist entscheidend in einer Zeit, in der Europa mit islamistischem Extremismus, Migration, der russischen Expansion und dem Klimawandel konfrontiert ist", schrieb das Blatt. "Man kann diese Themen nur gemeinsam angehen."

Sun für Brexit

Die Briten stimmen am Donnerstag kommender Woche darüber ab, ob ihr Land aus der EU austreten soll. Am Dienstag hatte sich die ohnehin euroskeptische Sun, mit 4,5 Millionen Lesern die meistgelesene britische Zeitung, klar für den Brexit ausgesprochen. Großbritannien müsse sich vom "diktatorischen Brüssel" befreien, schrieb das Boulevardblatt, und nannte die EU einen "von Deutschland dominierten föderalen Staat".

Die renommierte Financial Times dürfte es mit ihrer Brexit-Warnung schwerer haben, zu den Wählern durchzudringen: Sie hat nur 449.000 Leser. Andere überregionale britische Zeitungen haben sich noch nicht zum Referendum positioniert. In Umfragen liefern sich EU- und Brexit-Befürworter seit Monaten ein Kopf-an-Kopf-Rennen.

Kommentare