Feilschen um Waffenruhe, neue Kämpfe statt Gipfel

Russland, Ukraine, Deutschland und Frankreich legen den geplanten Vierer-Gipfel vorerst auf Eis.

Ein geplantes Treffen der Staatschefs Russlands, der Ukraine, Deutschlands und Frankreichs Ende der Woche in Kasachstan ist vom Tisch. Möglicherweise soll es aber nächste Woche ein neues Treffen der Außenminister geben.

Wladimir Putin hatte seine Teilnahme an dem Treffen von Fortschritten bei den Vorbereitungen abhängig gemacht. Erst in deren "Endstadium", so der Pressesprecher des Kremlchefs in einem Interview für die Moskauer Wirtschaftszeitung Wedomosti, werde es eine entsprechende Erklärung geben.

Auch Deutschland war auf die Bremse getreten. Die Zeit sei zu knapp für den Abschluss protokollarischer Vorbereitungen. Zuvor hatte schon Angela Merkel ihre Reise zu dem Gipfel an konkrete Bedingungen geknüpft. Zwar war der Gastgeber – Kasachstans Präsident Nursultan Nasarbajew, der sowohl zwischen den Konfliktparteien als auch zwischen Russland und Europa vermitteln will – Freitag eigens nach Berlin gejettet, um die Bundeskanzlerin für das Prestigeprojekt zu gewinnen. Zumal bei dessen Gelingen auch für ihn selbst einiges an Glanz abfallen würde.

Doch Merkel, habe tags darauf bei einem Telefonat mit Putin den Gipfel als "verfrüht" bezeichnet, hieß es. Er mache nur Sinn, wenn alle Seiten Fortschritte bei der Erfüllung der Minsker Vereinbarungen – dem mehr als nur brüchigen Waffenstillstandsabkommen in der Ostukraine – erzielen und Moskau seinen Einfluss auf die pro-russischen Separatisten in der Region geltend mache.

Wieder Kämpfe

Ausgerechnet am Wochenende waren die Kämpfe in der Ostukraine heftig aufgeflammt. Kiew macht Moskau dafür verantwortlich. "Bewaffnete Provokationen" der Separatisten hätten nach dem Eintreffen neuer russischer Hilfskonvois, an deren humanitärer Zielrichtung die ukrainische Führung maßgeblich zweifelt, erheblich zugenommen.

Und die Spannungen eskalieren auch an anderen Fronten. Montag, kurz bevor sich in Berlin die Außenminister Deutschlands, Frankreichs, Russlands und der Ukraine trafen, wurde bekannt, dass Moskau von Kiew die vorzeitige Rückzahlung der ersten Tranche eines Darlehens verlangen will. Mit dem Kredit hatte Putin seinem damaligen ukrainischen Amtskollegen Viktor Janukowitsch 2013 veranlasst, ein Assoziierungsabkommen mit Europa auf Eis zu legen. Der Kredit, so Russlands Finanzminister Anton Siluanow jetzt, sei unter Auflagen vergeben worden, die Kiew nicht erfülle. Gemeint war vor allem eine Schuldenobergrenze von 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts.

Kritische Beobachter indes glauben an ein politisches Druckmittel, mit dem Kiew zu Kompromissen in der Ostukraine gezwungen werden soll. Es geht zwar "nur" um drei Milliarden Dollar. Doch auch diese Summe könnte die permanent klamme Ukraine definitiv in den Staatsbankrott treiben.

Russische Medien befürchten zudem, durch die Terroranschläge vergangene Woche in Paris hätten sich die Prioritäten Europas verschoben, deren Führungsmächte – Deutschland und Frankreich – hätten jetzt erst mal andere Probleme, die Ukraine sei ihnen momentan nicht mehr ganz so wichtig.

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