Ex-Justizministerin Taubira als Rivalin für Präsident Hollande
Wiederholt sich die Geschichte in Frankreich? Bei den Präsidentenwahlen 2002 war die regierende Linke in der Stichwahl nicht mehr vertreten, weil im vorhergehenden ersten Wahlgang der sozialistische Spitzenkandidat, Premier Lionel Jospin, vom Rechtstribun Jean-Marie Le Pen knapp übertrumpft wurde. Dazu beigetragen hatte die Aufsplitterung im ersten Wahlgang der linken Kandidaturen, darunter die von Christiane Taubira.
Dieselbe Christiane Taubira könnte eine ähnliche Rolle bei den künftigen Präsidentenwahlen spielen und die bereits angelaufenen Manöver für eine Wiederwahl des amtierenden sozialistischen Staatschefs François Hollande durchkreuzen. Taubira, die am Mittwoch aus Protest gegen den ihrer Meinung nach exzessiven Sicherheitskurs der Regierung als Justizministerin zurücktrat, wird seither als potenzielle Kandidatin für die Präsidentenwahlen 2017 gehandelt. Zumindest hoffen das linke Aktivisten und engagierte Intellektuelle, die an der Politik von Hollande verzweifeln, und davon gibt es viele.
Das liegt schon alleine daran, dass sich die 63-Jährige mit Passion in der Regierung als Außenseiterin positionierte, da wo ihre Amtskollegen meistens als beflissene Sachwalter langweilten. In der parlamentarischen Schlacht für die Homo-Ehe lief sie zu Glanzform auf: In den tage- und nächtelangen Debatten trotzte sie auch politischen Gegnern ein zustimmendes Lachen ab, erwies sich stets fachlich ungemein beschlagen, gewürzt mit brillanter Sprachführung.
Brillante Rhetorikerin
Diese seltene französische Sprachbeherrschung dürfte so manchen ihrer erbitterten rechtskonservativen Feinde, sofern sie die Finessen ihrer Redewendungen überhaupt verstanden, in besondere Rage versetzt haben. Wurde doch Taubira wegen ihrer Abstammung aus der Überseeprovinz Guyana (wo sie ursprünglich zur Los-von-Frankreich-Bewegung gehörte) und ihrer schwarzen Hautfarbe geschmäht (sie wurde auf Plakaten und Facebook-Seiten mit einer Äffin verglichen).
Ihr jetziger, formvollendeter und selten schwungvoller Rücktritt (sie verließ nach der Amtsübergabe unter Applaus und auf ihrem Fahrrad das Justizministerium) traf auch einen besonderen Nerv: das weit über die Linke hinausgehende Unbehagen an der Verlängerung des Ausnahmezustands und an der geplanten Aberkennung der Staatsbürgerschaft als Anti-Terror-Maßnahmen.
Präsident Hollande, so viel steht fest, dürfte sich den Verbleib von Taubira in seinem Lager, als linke Flankendeckung, gewünscht haben. Aber Premier Manuel Valls, der mehr noch als Hollande für scharfe Ordnungsmaßnahmen und einen prononciert unternehmerfreundlichen Wirtschaftskurs steht, verfügt jetzt über das von ihm angestrebte diszipliniertere Regierungsteam.
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