EVP-Chef kritisiert Kickl scharf - vergleicht Populisten mit "Stinktieren"

EVP-Chef kritisiert Kickl scharf - vergleicht Populisten mit "Stinktieren"
Während seiner Zeit als Innenminister habe man den Eindruck gehabt, dass Infos an Russland weitergeleitet wurden, sagt Manfred Weber. Er brachte auch einen "Stinktier"-Vergleich.

Der Chef der Europäischen Volkspartei und EVP-Fraktionsvorsitzende im Europäischen Parlament, Manfred Weber, erwartet angesichts guter Umfragewerte für rechtspopulistische, europakritische Parteien einen "heißen" EU-Wahlkampf. In der Pressestunde rechnete er zwar nicht damit, dass diese Parteien eine Mehrheit erhalten. Zugleich warnte er aber, dass in diesem Fall die "Fortschritte, die wir in Europa gemacht haben", infrage gestellt würden.

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Als Bedingungen für eine Zusammenarbeit seiner christdemokratisch-konservativen Parteienfamilie nannte Weber: "Pro Europa, pro Ukraine, pro Rechtsstaat". Im Fall von Parteien wie der AfD, der Partei von Marine Le Pen in Frankreich oder auch der FPÖ sieht er dies nicht gegeben. 

Mit Blick auf die Freiheitlichen sagte der EVP-Chef: "Wer (den russischen Präsidenten Wladimir) Putin gleichbehandelt mit (dem ukrainischen Präsidenten Woldymyr) Selenskyj steht außerhalb unserer Wertegemeinschaft." Die FPÖ tut dies seiner Ansicht nach. Autokraten wie Putin "hassen unsere Art zu leben", sagte er.

Deswegen sei auch FPÖ-Obmann Herbert Kickl, als er Innenminister gewesen sei, im Kreis seiner EU-Amtskollegen mit Vorbehalt aufgenommen worden - man habe den Eindruck gehabt, das alles, was im Innenministerrat gesagt werde, an Moskau weitergegeben werde.

"Stinktier"-Vergleich

Mit Blick auf die FPÖ sagte Weber auch: "Man kann ein Stinktier nicht überstinken." Man könne also als bürgerliche Partei wie z. B. die ÖVP "nicht noch populistischer sein als Populisten", meinte Weber. Auf Nachfrage, ob er also Kickl als "Stinktier" bezeichne, meinte Weber: "Das habe ich nicht gesagt."

EVP-Chef warnt vor politischem Rechtsruck

Kommissionspräsident

Laut Weber werden die EVP-Mitglieder auch dieses Mal wieder einen gemeinsamen Spitzenkandidaten aufstellen, der bei einem Wahlsieg dann auch EU-Kommissionspräsident werden soll. Weber war 2019 der Spitzenkandidat, Kommissionspräsident wurde er aber nicht. Die Frage wurde - an den Intentionen vor der Wahl vorbei - einmal mehr im Nachhinein von den Staats- und Regierungschefs paktiert.

Nach der Europawahl wünscht sich Weber "mehr Mehrheitsentscheidungen" auf europäischer Ebene. Davon verspricht sich der deutsche CSU-Politiker eine Stärkung der EU-Außenpolitik und der Verteidigungsgemeinschaft. Wegen der derzeit nötigen Einstimmigkeit dauern Weber Beschlüsse in diesen beiden Bereichen zu lange.

So befürwortete der 51-Jährige vor dem Hintergrund einer Bedrohung durch Russland eine Aufrüstung auf Ebene der europäischen Verteidigung. "Russland rüstet auf. Putin fordert uns heraus." Der hybride Krieg gegen Russland sei bereits da, warnte Weber und nannte russische Wahlbeeinflussung in Sozialen Netzwerken oder von Moskau gelenkte Flüchtlingsströme über die Grenze nach Finnland und damit in die EU.

EU-Erweiterung

Was die EU-Erweiterung - etwa um die Westbalkan-Staaten - betrifft, will der EVP-Vorsitzende auf die wirtschaftlichen und politischen Potenziale" für alle Beteiligten setzen. Zugleich müsse man aber die finalen Grenzen der EU festlegen. "Wir müssen die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei beenden", verlangte Weber in diesem Zusammenhang. "Jeder weiß, dass es mit der Türkei nichts wird." Stattdessen will Weber die Beziehungen EU-Türkei auf anderem Wege stärken.

Weber glaubt nicht, dass die EU-Ratspräsidentschaft Ungarns, das wegen seiner rechtsstaatlicher Defizite und der betont EU-kritischen Regierung unter Viktor Orbán von den meisten EU-Regierungen und den EU-Institutionen kritisiert wird, zu umgehen ist. Für die zweite Jahreshälfte 2024 erwartet der Europaabgeordnete daher eine "schwierige Zeit".

Viktor Orbán setzt auf das Einstimmigkeitsprinzip des EU-Rats und droht regelmäßig mit seinem Veto.

Viktor Orbán setzt auf das Einstimmigkeitsprinzip des EU-Rats und droht regelmäßig mit seinem Veto.

Trostpflaster für Weber ist, dass der Fokus nach der EU-Wahl im Juni nicht auf Gesetzesprozessen liegen werde, welche die ungarische Ratsvorsitz zu managen hat, sondern auf Dinge wie Postenneubesetzungen oder der Politikneuausrichtung.

Weber kritisierte, dass Ungarn den Beschluss des EU-Finanzrahmens blockiert und nicht eher zustimmen will, bis EU-Gelder für das Land, die wegen der Rechtsstaatsdefizite in Ungarn einbehalten wurden, freigegeben werden. Einen Kuhhandel dürfe es in der Frage aber nicht geben; Ungarn müsse liefern und die Gesetze EU-konform machen. Man dürfe sich nicht von Orbán auf der Nase herumtanzen lassen.

Schengen-Konflikt

Indirekt kritisierte Weber das Veto Österreichs gegen die volle Aufnahme Bulgariens und Rumäniens in den Schengen-Raum. Die beiden Länder seien "fit" dafür, betonte der Bayer. "Man hätte die Argumente der Bulgaren und Rumänen konstruktiver aufnehmen sollen."

Harsche Kritik von allen Seiten

Der Leiter der FPÖ-Delegation im Europäischen Parlament, Harald Vilimsky, sieht in Webers Aussagen eine “übelste Form der Polemik". Er bezog sich dabei auch auf den indirekten "Stinktier"-Vergleich. In einer Reaktion via Aussendung stellte Vilimsky die Frage, ob Weber dafür exklusiv vom ORF eine Plattform erhalten habe oder ob nun auch ein Mitglied der Fraktion Identität und Demokratie (ID), zu der die FPÖ-Europaabgeordneten gehören, in die “Pressestunde„ eingeladen wird.

EVP-Chef kritisiert Kickl scharf - vergleicht Populisten mit "Stinktieren"

Harald Vilimsky

SPÖ-Delegationsleiter Andreas Schieder zog in seiner Reaktion den von Weber betonten Anspruch der EVP als führende pro-europäische politische Kraft im EU-Parlament in Zweifel. Die Europäische Volkspartei sei selbst nach rechts gerückt und habe wichtige Reformprojekte torpediert.

Auch die Grünen sehen die EVP und Weber eigentlich im Bunde mit der extremen Rechten. “Während er in der Pressestunde groß von der 'Wahl um Grundsätzliches' spricht und sich von den europäischen Rechtsextremen abgrenzt, schließt sich die EVP unter seiner Federführung im Europäischen Parlament seit Monaten genau diesen rechtsextremen Kräften an„, kommentierte der Grüne EU-Abgeordnete Thomas Waitz.

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