EU startet neue Überwachung an Grenzen

Tragödien vor Lampedusa sollen sich nicht wiederholen
Das System Eurosur soll den Schmuggel eindämmen und Flüchtlinge aus Seenot retten.

Lampedusa - der Sehnsuchtspunkt vieler afrikanischer Flüchtlinge und gleichzeitig ihre größte Gefahr - hat im vergangenen Jahr der Europäischen Union ihren Handlungsbedarf aufgezeigt. Erst im Oktober starben Hunderte schiffbrüchige Flüchtlinge vor der Küste - ein Aufschrei ging durch die EU. Um solche Tragödien künftig zu verhindern, setzt die EU an diesem Montag das Grenzüberwachungssystem Eurosur in Gang.

Über das Kommunikationssystem teilen die EU-Länder ihre Informationen über verdächtige Bewegungen an den Außengrenzen und auf See. Dabei wird auch die EU-Grenzschutzagentur Frontex einbezogen.

Das "European Border Surveillance System" Eurosur soll den Behörden ein wirkungsvolleres Eingreifen gegen Drogen- und Menschenschmuggler ermöglichen. Außerdem sollen Flüchtlinge in Seenot schneller gerettet werden. Kritiker bemängeln jedoch, dass das eigentliche Ziel nicht sei, Menschenleben zu retten, sondern auch die Einreise von Flüchtlingen zu unterbinden.

Eurosur startet zunächst in den 18 an den Süd- und Ostgrenzen der EU gelegenen Mitgliedsländern und dem assoziierten Schengen-Land Norwegen. Die übrigen EU-Länder und assoziierten Schengen-Staaten sollen Eurosur ab Dezember 2014 beitreten.

EU startet neue Überwachung an Grenzen
Europakarte mit Flüchtlingsrouten und Zahl der Flüchtlinge jeweils im 2. Quartal 2012 und 2013, nach Routen sowie gesamt, davon Land- und Seeweg Grafik 1272-13-Fluechtlinge.ai, Format 134 x 115 mm

Was ist das Ziel des Grenzüberwachungssystems Eurosur?

Mit Eurosur verfolgt die Europäische Union drei Ziele: Sie will Schleppern und anderen über Grenzen hinweg tätigen Kriminellen das Handwerk legen, illegale Einwanderung verringern und Flüchtlingen in Seenot helfen. "Eurosur wird die EU-Behörden mit besseren Instrumenten ausstatten, um schwere Verbrechen wie Drogen- und Menschenhandel zu bekämpfen, und wird auch dazu beitragen, die Rettung von Migranten zu verbessern, die mit kleinen Booten versuchen, europäische Küsten zu erreichen", erläutert EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström.

Wie funktioniert Eurosur?

Durch das Kommunikationssystem sollen die für die Überwachung der Land- und Seeaußengrenzen zuständigen Behörden der EU-Staaten wie Polizei, Küstenwache oder Grenzschutz schneller und einfacher Informationen etwa über den Standort von Flüchtlingsbooten austauschen können, die sie zum Beispiel durch die Überwachung der Grenzen mit Satelliten gewonnen haben. Neu aufzubauende nationale Koordinierungszentren sollen so eng untereinander sowie mit der EU-Grenzschutzagentur Frontex zusammenarbeiten und Lagebilder und Risikoanalysen etwa über Schmuggelrouten für Drogen und Menschen austauschen.

Wann ist das System einsatzbereit?

Das Informationssystem ist Montag zunächst in den 18 an den Süd-und Ostgrenzen der EU gelegenen Mitgliedstaaten und dem assoziierten Schengen-Land Norwegen in Betrieb genommen worden. Die übrigen elf EU-Länder und assoziierten Schengen-Länder treten am 1. Dezember 2014 bei. Die Kosten für Einrichtung, Betrieb und Personal für die Jahre 2014 bis 2020 sind auf 244 Millionen Euro veranschlagt.

Welche Kritik gibt es?

Nicht die Rettung von Flüchtlingen in Seenot sei die Hauptaufgabe von Eurosur, kritisierte etwa die deutsche Organisation Pro Asyl. Europa versuche vor allem, sich noch weiter gegen Flüchtlinge aus Nordafrika abzuschotten, sagte der Geschäftsführer der Flüchtlingshilfsorganisation, Günter Burkhardt, dem Sender SWR am Montag. "Lebensrettung steht nur drauf, ist aber nicht drin in Eurosur", kritisiert auch die Europaabgeordnete Ska Keller (Grüne) Anfang Oktober. "Ziel von Eurosur ist es, nach den europäischen Landgrenzen jetzt auch die Seegrenzen für Flüchtlinge dicht zu machen." Eurosur zeige nur, wie viele Flüchtlinge auf dem Weg nach Europa in Lebensgefahr seien, verbesserten müssten die EU-Staaten die Rettung von Menschen aber nicht.

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