Erstes Polit-Match um den begehrtesten Job Europas

Minister Jean-Claude Juncker und Martin Schulz (li)
Schulz und Juncker kämpfen bei der EU-Wahl um Platz 1. Beide wollen Präsident der EU-Kommission werden.

Martin Schulz kommt schnell in Rage, eindringlich erklärt er den Zuhörern, was die EU tun sollte, und er hat ein klares Freund-Feind-Bild. Der Spitzenkandidat der Europäischen Sozialdemokraten (SPE) für den Präsidenten der EU-Kommission reist mit einem Propeller-Flugzeug von Termin zu Termin und propagiert einen Kurswechsel in der EU: weg von der harten Sparpolitik hin zu einem sozialeren und grüneren Europa. Doch als Parlamentschef hat er viele Sparpläne mit abgesegnet.

Sein Herausforderer für das höchste Amt in der EU, Jean-Claude Juncker, ist im Bus von Hauptstadt zu Hauptstadt unterwegs und zieht jetzt schon Ideen zurück, die die mächtige Frau Europas, Angela Merkel, stören könnten. Zum Beispiel gemeinsame Anleihen, Eurobonds. Wie Schulz will auch der ehemalige christdemokratische Ministerpräsident Luxemburgs und Eurogruppen-Vorsitzende den Kampf gegen die hohe Arbeitslosigkeit und für mehr Wachstum führen.

Wochenlang tourten beide Spitzenkandidaten durch Europa und warben für ihre Ideen. Einer ist sich seines Sieges schon (fast) sicher: Jean-Claude Juncker.

Nach neuesten Umfragen liegt die Europäische Volkspartei (EVP) laut PollWatch mit 217 Sitzen vor der SPE, die auf 201 kommt. Bis jetzt war die EVP die stärkste Fraktion. Wer wirklich gewinnen wird, steht am Sonntag um 23.00 Uhr fest, wenn in Brüssel das Wahlergebnis bekannt gegeben wird.

Wie auch immer das Ergebnis ausfallen wird, die Europawahl 2014 läuft anders als die sieben Urnengänge vorher. Zum ersten Mal haben die europäischen Parteienfamilien (Rote, Schwarze, Grüne, Liberale und Linke) Spitzenkandidaten nominiert.

Werden die Staats- und Regierungschefs mitspielen?

Doch das Duell Juncker-Schulz hat auch seine Tücken. Um Kommissionspräsident zu werden, müssen am Ende die Staats- und Regierungschefs eine Person nominieren. Formal sind sie nicht daran gebunden, den Kandidaten zu nehmen, dessen Partei gewonnen hat. Der EU-Vertrag sieht nur vor, "das Ergebnis der EU-Wahl zu berücksichtigen". Angela Merkel jedoch mauert. Sie will sich nicht festlegen, ob sie das Wahlergebnis wirklich berücksichtigt, andere Politiker könnten ins Spiel kommen. Der Brite David Cameron lehnt Juncker und Schulz ab, für ihn sind beide zu "überzeugte Europäer" – und allein deswegen suspekt.

Um Chef der Brüsseler EU-Institution zu werden, ist der Kandidat zudem auf eine absolute Mehrheit im EU-Parlament angewiesen. Da braucht es dann eine fraktionsübergreifende Zustimmung.

Diese überparteiliche Kooperation ist auch nötig, um EU-Gesetze im Parlament zu beschließen. So gut wie in allen Politikbereichen entscheiden die Abgeordneten mit. Die Gesetze müssen dann in den Parlamenten der Mitgliedsländer umgesetzt werden. Ob für mehr Datenschutz, gesunde Lebensmittel, Limits für Banker-Boni, strenge Kontrolle der Finanzinstitute oder für mehr Geld für Erasmus-Studenten – die Europa-Abgeordneten haben das letzte Wort.

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