Europas Sozialdemokraten verzichten auf EU-Spitzenjob

Donald Tusk sitzt fest im Sessel des EU-Ratspräsidenten.
Beim EU-Gipfel im März dürfte die Amtszeit von EU-Ratspräsident Donald Tusk verlängert werden. Nicht, weil er so brillant ist, sondern weil es bis dato keinen Gegenkandidaten gibt. Werner Faymann ist somit aus dem Spiel.

Nach dem Ausscheiden von Martin Schulz aus dem EU-Parlament, ist es um Europas Sozialdemokraten still geworden. "Wir sind derzeit kopflos", beschreibt ein Europa-Abgeordneter die politische Tristesse. Bis jetzt haben die sozialdemokratischen Regierungschefs keinen Gegenkandidaten für EU-Ratspräsident Donald Tusk nominiert. "Wir blockieren ihn nicht, wir forcieren ihn aber auch nicht", lautet die rote Formel. In Brüssel rechnet derzeit niemand mit einer Last-Minute-Nominierung eines Sozialdemokraten. "Meine Einschätzung ist, dass es keinen Gegenkandidaten zu Tusk geben wird", sagt der bekannte Außenpolitiker im EU-Parlament Elmar Brok (CDU).

Beim EU-Gipfel am 9. und 10. März in Brüssel wird der 59-jährige liberal-konservative Politiker für weitere zweieinhalb Jahre bestätigt werden. Der ehemalige Premier Polens wird von allen liberalen und christdemokratischen bzw. konservativen Regierungschefs (die Mehrheit im Rat) unterstützt.

Bleibt es dabei, ist damit der Ex-Bundeskanzler Werner Faymann aus dem Rennen ebenso wie andere, die zuletzt genannt worden sind: Etwa Frankreichs Präsident François Hollande, Italiens Ex-Premier Enrico Letta oder Dänemarks Ex-Regierungschefin Helle Thorning-Schmidt.

Faymann hat sich selbst nicht beworben, das kann er laut EU-Vertrag auch nicht. Jeder Kandidat muss von der jeweiligen Regierung für den Top-Job vorgeschlagen werden. Bis dato sind keine Nennungen in Brüssel eingelangt, auch nicht aus Wien.

Von Tusk ist bekannt, dass er gerne bleiben möchte. Sein Stil ist gelegentlich umstritten, nicht allen behagen seine offenen Worte, Kanzlerin Angela Merkel ist er in der Flüchtlingskrise in den Rücken gefallen, dennoch wird er von der CDU-Chefin favorisiert.

Die Amtszeit von Tusk endet im Mai. Für seine erneute Bestellung ist die qualifizierte Mehrheit im Rat nötig, er kann auch ohne Zustimmung seines Heimatlandes Polen bestätigt werden. Zuletzt sind die Töne aus Warschau gegen ihn leiser geworden. Polens Ministerpräsidentin Beata Szydło sagte kürzlich beim Merkel-Besuch in Warschau, dass die EU-Personalie Tusk noch nicht geklärt sei. "Wir werden aber rechtzeitig bereit sein." Das klingt anders als das bisherige schroffe Nein zu ihrem Landsmann.

Bleibt Tusk im Rat, stellt die Europäische Volkspartei alle Spitzenvertreter in den EU-Institutionen. Der Christdemokrat Jean-Claude Juncker ist Kommissionspräsident, der kürzlich gewählte Italiener Antonio Tajani führt das Europäischen Parlament. Sozialdemokraten begnügen sich mit dem Posten der Außenbeauftragten Federica Mogherini.

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