EU macht Briten die Rückkehr nach Europa leichter

EU macht Briten die Rückkehr nach Europa leichter
Der Europäische Gerichtshof erlaubt Großbritannien den Brexit im Alleingang abzublasen.

Gute Nachrichten für ohnehin strapazierte britische EU-Freunde: Großbritannien könnte den für 2019 angekündigten Brexit noch einseitig, also ohne Zustimmung der übrigen EU-Länder, stoppen. Dies entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) am Montag in Luxemburg. Einen Tag vor der mit wachsender Spannung erwarteten Abstimmung über den Brexit-Pakt von Theresa May im Londoner Unterhaus gibt das den Pro-Europäern Rückenwind.

Großbritannien kann alleine entscheiden, die Ausrufung des sogenannten Artikel 50 des EU-Vertrags, also den Beschluss zum EU-Austritt, zurückzunehmen: Das schwächt die Argumentation vieler Brexit-Fanatiker, dass man ohnehin ständig von Europa bevormundet werde.

Vor einer Woche hatte ein EuGH-Generalanwalt erklärt, die einseitige Widerrufung der EU-Austrittserklärung sei möglich. Die Empfehlung war aber nicht verbindlich für das oberste Gericht. Geklagt hatten schottische Brexit-Gegner. Schottland hatte beim Brexit-Referendum mehrheitlich gegen den Austritt gestimmt.

Für Alyn Smith, britischer Politiker und Mitglied der schottischen Nationalpartei, ist die Entscheidung des EuGHs „Dynamit“.  Für ihn stellt sie einen „Fahrplan raus aus dem Brexit-Chaos“ dar, sagt der Politiker zur britischen Zeitung „Guardian“.

Die Anfrage kam aus Schottland

Das oberste schottische Zivilgericht hatte den EuGH um eine Bewertung gebeten, ob ein einseitiger Rückzieher noch möglich sei. Das Urteil fiel einen Tag vor der Abstimmung des britischen Parlaments über das von Regierungschefin Theresa May mit der Europäischen Union ausgehandelte Austrittsabkommen. Es wird erwartet, dass die Abgeordneten das Abkommen über die Bedingungen des Ausstiegs im März 2019 ablehnen. Der britische Umweltminister Michael Gove erklärte nach dem Urteil, die Briten hielten an dem EU-Austritt fest.

Zwei Jahre Austrittsverfahren umsonst?

Die britische Regierung hatte am 29. März 2017 die übrigen EU-Staaten offiziell darüber informiert, dass das Land die EU verlassen will. Damit begann ein zweijähriges Austrittsverfahren nach Artikel 50 der EU-Verträge, das planmäßig mit dem Brexit am 29. März 2019 endet. Die EU-Kommission und der Rat der Mitgliedsländer hatten vor dem EuGH argumentiert, das Verfahren lasse sich nur mit einem einstimmigen Beschluss des Rats stoppen.

Der EuGH sieht das eindeutig anders. Ein Rückzieher der Austrittsankündigung sei "in Übereinstimmung mit den verfassungsrechtlichen Notwendigkeiten" in Großbritannien möglich. Dann bliebe das Vereinigte Königreich unter unveränderten Bedingungen Mitglied der EU, entschieden die Luxemburger Richter. Die Möglichkeit einer einseitigen Rücknahme besteht für Großbritannien laut EuGH bis zum Ende der Zweijahresfrist nach seiner Austrittserklärung.

Wo ist Plan B?

Scheitert Mays Plan im Parlament, muss sie entweder noch einmal abstimmen lassen - oder es braucht einen Plan B. Aus der britischen Regierung und der Opposition mehren sich Signale, dass dann eine engere Anbindung an die EU erwogen werden könnte, zum Beispiel der Verbleib in Binnenmarkt und Zollunion. Nicht mehr undenkbar ist ein zweites Referendum - oder eben sogar ein Rückzieher vom Brexit.

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