EU-Wahl 2019: Mehrere neue Bündnisse in den Startlöchern

EU-Wahl 2019: Mehrere neue Bündnisse in den Startlöchern
Brexit hat Auswirkungen auf Sitzverteilung. EVP dürfte wohl Kommissionspräsidenten stellen. Rechtsruck sehr wahrscheinlich.

Momentan herrscht aufgrund der Sommerpause Ruhe im Europäischen Parlament. Doch im Hintergrund wird schon eifrig die nächste Wahl, die vom 23. bis 26. Mai 2019 stattfinden soll, vorbereitet. Neben den arrivierten Parteien formieren sich mehrere neue Bündnisse. So will Donald Trumps Ex-Berater Steven rechts-nationalistische Kräfte unterstützen, aber auch Pro-Europäer formieren sich.

Brexit mischt die Karten neu

Nach dem für 29. März 2019 geplanten sinkt die Zahl der Abgeordneten im Europaparlament von 751 auf 705. 46 der 73 britischen Sitze bleiben in Reserve für Erweiterungen, während 27 Sitze auf bisher unterrepräsentierte Länder verteilt werden. Österreich erhält künftig 19 statt 18 Mandate.

Bisher gab es im Europaparlament stets eine Koalition der großen Parteienfamilien der Konservativen (EVP) und Sozialdemokraten/Sozialisten (S&D). Durch den Wegfall der britischen Labour Party nach dem und dem Zusammenbruch der sozialistischen und konservativen Parteien in Frankreich könnte sich jedoch eine Mehrheit für eine Große Koalition nicht mehr ausgehen.

Dennoch deuten die jüngsten Wahlumfragen trotz Verlusten in den vergangenen Jahren klar auf einen Sieg der EVP hin. Zwar konnte die S&D in der jüngsten Wahlprojektion des Europa-Bloggers Markus Müller den Abstand auf die EVP von 41 auf 32 Sitze reduzieren, ein Einholen der Konservativen bis zur Wahl erscheint aber sehr unwahrscheinlich. Zwar können die Sozialdemokraten in Spanien zulegen, aber vor allem in Italien und Frankreich deuten die Umfragen auf starke Verluste gegenüber den vergangenen Wahlen hin.

Die vier aussichtsreichsten EVP-Kandidaten

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Michel Barnier (l.) und Enda Kenny (r.)

"Wer wissen will, wer der nächste Kommissionspräsident wird, müsse deshalb vor allem auf die Spitzenkandidaten-Nominierung auf dem EVP-Parteikongress am 8. November in Helsinki achten", zeigte sich Müller überzeugt. Laut "FAZ" sind offenbar vier EVP-Politiker in der engeren Wahl. Der Franzose Michel Barnier, Brexit-Chefverhandler der EU, der EVP-Fraktionsvorsitzende aus Bayern Manfred Weber, der ehemalige irische Premier Enda Kenny und der jetzige Vizechef der Europäischen Investitionsbank und finnische Ex-Regierungschef Alexander Stubb.

Um den Sieg der EVP bei den EU-Wahlen nicht zu gefährden, dürfte bei den Konservativen wohl auch die Devise ausgegeben worden sein, die Ausfälle des ungarischen Premiers Viktor Orban, der sich immer offener gegen seine eigene EVP-Fraktion stellt und sich weit rechtsaußen positioniert, zu tolerieren. So wurde auch Orbans Treffen mit Vertretern der flämischen rechtsextremen Identitären still hingenommen. Bis zur Wahl wird sich daran wohl auch nichts ändern, denn dafür sind die Stimmen der FIDESZ für die Konservativen zu wichtig, als dass ein längst fälliger Bruch mit Orban riskiert werden würde.

Ex-Trump-Berater Bannon will in Europa mitmischen

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Bannon in Rom.

Im rechten Spektrum sorgt vor allem Bannon mit seiner Stiftung mit dem Namen "Movement" (Bewegung) für Aufregung, mit der er sich in die europäische Politik einmischen will. Bannon traf sich schon mit Orban, Vertretern der Rassemblement National (früher Front National) von Marine Le Pen in Frankreich, sowie der rechtsnationalen Regierungspartei PiS in Polen. Die PiS ist zur Zeit mit den britischen Torys in der Fraktion "Europäische Konservative und Reformer". Nach dem Brexit erscheint eine Neuorientierung der polnischen Regierungspartei durchaus als wahrscheinlich.

Harald Vilimsky, FPÖ-Generalsekretär und Delegationsleiter im Europaparlament, hatte sich zu den Plänen von Bannon vorerst zurückhaltend gezeigt, eine Kooperation aber auch nicht ausgeschlossen. Eine Verbreiterung der EU-kritischen Fraktion " Europa der Nationen und Freiheit" (ENF) sei allerdings auf Schiene, hatte Vilimsky gegenüber der APA gemeint. Welche Parteien dazustoßen könnten, ließ er allerdings noch offen.

Wie positioniert sich Macron?

Spannend wird sein, wie sich die Gruppierung La Republic en Marche (LMR) des französischen Präsidenten Emmanuel Macron positionieren wird. Eine Teilnahme bei der liberalen ALDE (Allianz der Liberalen und Demokraten) ist möglich, ebenso wie die Gründung einer neuen pro-europäischen Bewegung. Mit der spanischen ALDE-Partei Ciudadanos vereinbarte LMR die Ausarbeitung eines gemeinsamen Europawahlprogramms. Kürzlich beschloss Ciudadanos jedoch auch eine verstärkte Zusammenarbeit mit der deutschen FDP, die eine ALDE-Spaltung auf jeden Fall verhindern will.

Es formieren sich aber auch ganz neue Bündnisse, die klar pro-europäisch ausgerichtet sind. Am linken Parteienspektrum ist das etwa das Democracy in Europe Movement 2025 (Diem25), das vom ehemaligen griechischen Finanzminister Yanis Varoufakis 2016 in Berlin vorgestellt worden war. Etwas mehr in der Mitte angesiedelt ist Volt Europa, das mittlerweile Ableger in allen EU-Staaten hat. Wahlentscheidend werden diese Gruppierungen aber sicher nicht sein.

Thema Migration könnte Wahlkampf bestimmen

Für welche Richtung sich die europäischen Wähler entscheiden, ist freilich noch offen, immerhin hat der Wahlkampf noch gar nicht begonnen. Wenn das Thema Migration weiter so hoch in der politischen Debatte gespielt wird, werden die rechten Parteien, wie schon die Wahlen in Österreich, Ungarn oder Italien gezeigt haben, sicher stark zulegen.

Juncker warnt vor "Auseinanderdriften"

Auch Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker äußerte sich kürzlich in einem Interview mit der "Tiroler Tageszeitung" besorgt darüber, dass das neue EU-Parlament "außergewöhnlich rechtslastig" werde und so "ein weiteres Auseinanderdriften" der EU, nur schwer zu verhindern wäre. Donald Trump und Wladimir Putin würden sich sicher darüber freuen, ob das aber auch gut für die Menschen in Europa ist, wird sich erst weisen.

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