Doch noch keine endgültige Entscheidung über EU-Spitzenposten beim Dinner in Brüssel

Doch noch keine endgültige Entscheidung über EU-Spitzenposten beim Dinner in Brüssel
Am Montag sollten in Brüssel die Würfel für Ursula von der Leyen und weitere Spitzenposten fallen – bei einem Abendessen der EU-Regierungschefs. Doch noch hakt es bei Details

Einen kurzen Gipfel und eine schnelle klare Entscheidung über die künftigen EU-Spitzenposten: Das hatten am Montag in Brüssel die meisten Beobachter erwartet, als sich die EU-Regierungschefs zum "informellen" Abendessen trafen . Die Geschlossenheit in der Europäischen Volkspartei und der immerhin 13 Regierungschefs, die sie derzeit in der EU stellt, sprach für eine rasche Entscheidung. Außerdem hatten viele EU-Regierungschefs zur Eile gedrängt, man müsse Handlungsfähigkeit beweisen, gerade in schwierigen Zeiten.  Doch die erste Entscheidung über die Spitzenposten in Brüssel - also Präsident der EU-Kommission, Präsident des EU-Rats und Hoher Beauftragter für Außen- und Sicherheitspolitk -  fiel zuletzt dann doch schwerer als erwartet.  Erst kurz nach Mitternacht trat dann Ratspräsident Charles Michel vor die Presse, um zu erklären, dass man bei den Gesprächen weit gekommen sei. Die Positionen seien ausgetauscht, eine Einigung in Reichweite. Die werde es, so versprach Michel, mit Sicherheit noch im Juni geben, beim EU-Gipfel zu Monatsende. 

Machtverteilung bleibt heikel

Seit den EU-Wahlen vor einer Woche geht es um die Machtverteilung in Brüssel: um die Spitzenposten vom Chef der EU-Kommission abwärts, aber auch um Bündnisse und Koalitionen im EU-Parlament. Schließlich muss eben dieser Kommissionschef dort mit absoluter Mehrheit gewählt werden.

Wenig Zweifel an Von der Leyen

Ein "informelles" Treffen heißt so ein Abendessen in der EU-Amtssprache. Doch informell ist dabei so gut wie gar nichts. Gastgeber Charles Michel hat nicht nur die 27 Staats- und Regierungschefs an den Tisch gebeten, sondern auch die amtierende Präsidentin der EU-Kommission, Ursula von der Leyen, und die Präsidentin des Europäischen Parlaments, Roberta Metsola.

Fix gebucht ...

Bis zuletzt, so die Gerüchtebörse, habe Michel versucht, Von der Leyen auszuladen. Ohne Erfolg, denn die Deutsche galt mehr denn je als fix gebucht für eine zweite Amtszeit auf dem mächtigsten Posten der EU. Michel dagegen, der als Ratspräsident regelmäßig von Von der Leyen in die zweite Reihe verdrängt wurde, verlässt die europäische Bühne.

Christdemokraten stellen neue Forderungen

Der solide Wahlsieg der EVP, deren "Spitzenkandidatin" Von der Leyen war, hat die zuletzt heftigen Zweifel an ihr wieder ausgeräumt. Jene, die versucht hatten, querzuschießen, allen voran Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, sind nach Wahlniederlagen geschwächt. Mit insgesamt 13 EU-Regierungschefs aus der EVP-Familie sollte es genügend Unterstützung für sie geben.

Die EVP also hat die Zügel in der Hand. Auf dem Kutschbock, EVP-Chef Manfred Weber, der Tempo und Richtung vorgeben will. Das Tempo jedenfalls ist hoch angesetzt. Weber will eine schnelle Entscheidung für Ursula von der Leyen – und dazu für Roberta Metsola, die ebenfalls in die Verlängerung gehen soll.

Ratspräsident noch in Diskussion

Mit auf die Reise sollen auch Europas Sozialdemokraten. Die haben bei den EU-Wahlen ihre Stellung gehalten, sind wenn auch mit Abstand die zweitstärkste Fraktion im EU-Parlament. Man sei bereit, Von der Leyen zu wählen: Das war in den vergangenen Tagen in Brüssel von allen hochrangigen Vertretern der Sozialdemokraten zu hören. Dafür scheint der Posten des EU-Ratspräsidenten für einen aus ihren Reihen fix gebucht: Portugals Ex-Premier Antonio Costa. Allerdings meldeten sich auch hier die Christdemokraten mit einer weiteren Forderung. Costa solle nach zweieinhalb Jahren abtreten und den Job an einen Vertreter der EVP übergeben.

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... aber mit wem ins Ziel?

Schwieriger wird es mit der Unterstützung des dritten Partners, den Liberalen. Die haben bei den Wahlen massiv verloren, bedingt vor allem durch das Desaster von Macrons Partei in Frankreich. Dazu kommt eine drohende Spaltung, die sie zum unzuverlässigen Partner macht. Als Favoritin für einen Posten für die Liberalen gilt derzeit die estnische Premierministerin Kaja Kallas. Sie könnte die Hohe Beauftragte für Außen- und Sicherheitspolitik, kurz EU-"Außenministerin" werden.

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Der erste Schritt, Von der Leyens Ernennung, dürfte also leicht und schnell genommen werden. Wenn das Drehbuch der EVP hält, sollte es schon beim Abendessen in Brüssel das Jawort der 27 EU-Granden geben.

Im EU-Parlament ist die Mehrheit noch lange nicht gesichert. Ein paar Abweichler in den eigenen Reihen – im EU-Parlament sehr häufig – und schon könnte es eng werden, bei der Abstimmung, die bereits im Juli stattfinden soll. Eine mögliche Unterstützung wären die Grünen, die aber wären für die EVP ein unbequemer Partner für die kommenden Jahre. Schließlich soll diesmal die Wirtschaft ganz oben auf der Agenda stehen – die Klimaziele erst dahinter.

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