EU-Staaten einigen sich auf neue Sanktionen gegen Russland

Wladimir Putin
Neue Strafmaßnahmen sehen unter anderem zusätzliche Handelsbeschränkungen vor.

Die EU-Staaten haben sich am Jahrestag des russischen Einmarschs in die Ukraine nach langen Verhandlungen auf ein weiteres Paket mit Sanktionen gegen Russland verständigt. Die neuen Strafmaßnahmen sehen unter anderem zusätzliche Handelsbeschränkungen vor, wie die schwedische EU-Ratspräsidentschaft Freitagabend in Brüssel mitteilte. Es ist bereits das zehnte Sanktionspaket seit Februar vergangenen Jahres.

Die Einigung wurde im Ausschuss der ständigen Vertreter aller 27 Mitgliedstaaten in Brüssel erzielt. Sie soll nun bis Samstag um 11.30 Uhr in einem schriftlichen Verfahren formalisiert werden. Mit der Veröffentlichung im EU-Amtsblatt tritt das Paket dann in Kraft.

Eigentlich sollten die neuen Sanktionen am Jahrestag bereits gelten, doch die Verhandlungen dauerten länger als geplant. Grund dafür war Diplomaten zufolge am Ende vor allem, dass Polen vehement auf striktere Regeln für Importbeschränkungen für synthetischen Kautschuk aus Russland drang - Italien aber ablehnte. Polen gab letztlich nach. Einem polnischen Diplomaten zufolge stimmte Warschau unter der Bedingung zu, dass die Einfuhr synthetischen Kautschuks in die EU künftig regelmäßig überprüft wird. Außerdem werde weiter an Sanktionen gegen den russischen Atomsektor gearbeitet.

Wofür die Beschränkungen gelten

Die neuen Handelsbeschränkungen werden nach früheren Angaben von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen insbesondere für industrielle Güter gelten, die die russische Industrie nicht über Drittstaaten wie China beziehen kann. Dazu zählen Maschinenteile, Antennen, Kräne, Spezialfahrzeuge sowie Ersatzteile für Lkw und Triebwerke.

Zudem soll es Exportrestriktionen für rund 50 neue elektronische Bauteile geben, die für russische Waffensysteme sowie Drohnen, Raketen und Hubschrauber verwendet werden können. Auch bestimmte seltene Erden und Wärmebildkameras fallen unter die neuen Regeln.

Um zu verhindern, dass Unternehmen aus Nicht-EU-Ländern militärisch nutzbare zivile Güter wie Drohnen an Russland liefern, wird die Anwendung des bestehenden Sanktionsregimes ausgeweitet. So sollen Firmen künftig fürchten müssen, den Zugang zum EU-Binnenmarkt zu verlieren. Im ersten Schritt werden nach Angaben der Kommission mehrere Unternehmen aus dem Iran sanktioniert, die an der Belieferung Russlands mit Drohnen vom Typ Shahed beteiligt sein sollen. "Damit wollen wir andere Unternehmen und internationale Händler abschrecken", erklärte von der Leyen bereits Mitte Februar.

Wie bereits bei früheren Sanktionspaketen wird darüber hinaus die Liste derjenigen Personen ergänzt, die nicht mehr in die EU einreisen dürfen und deren etwaige Vermögen in der EU eingefroren werden müssen. Betroffen sollen Propagandisten, militärische Befehlshaber und politische Führungskräfte sein.

Selenskij: Kein Treffen mit Putin

Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenskij hat indes sein striktes Nein zu einem Treffen mit Kremlchef Wladimir Putin bekräftigt. Damit reagierte er am Freitag in Kiew auch auf einen Vorstoß des türkischen Präsidenten Recep Tayyin Erdogan, der Putin in einem Telefonat zu Verhandlungen bewegen wollte. Selenskij sagte, er habe Erdogan schon vor Kriegsausbruch vorgeschlagen, Putin an den Verhandlungstisch holen, um einen großen Krieg zu verhindern.

"Er konnte das aber nicht." Dann fügte er hinzu: "Jetzt können wir nicht." Selenskij stellte aber in Aussicht, sich mit dem chinesischen Staats- und Parteichef Xi Jinping zu treffen. "Ich glaube, dass dies für unsere Länder und die globale Sicherheit von Vorteil sein wird", sagte Selenskij. "Dabei geht es nicht nur um Krieg. Es geht darum, dass wir Staaten sind, die an der Aufrechterhaltung wirtschaftlicher Beziehungen interessiert sind." China hatte zuvor in einem Positionspapier beide Seiten zu Gesprächen aufgerufen.

NATO-Staaten wollen Friedensgespräche

Deutschland, Frankreich und Großbritannien wollen die Ukraine jedenfalls zur Aufnahme von Friedensgesprächen mit Russland ermutigen. Das berichtete das Wall Street Journal Freitagabend unter Berufung auf Vertreter der drei Länder. In den engeren Beziehungen zwischen der NATO und Kiew sehen die drei wichtigsten Euro-NATO-Partner eine Möglichkeit, Kiew zur Aufnahme von Verhandlungen zu bewegen. Auch Chinas UNO-Vertreter Dai Bing forderte in New York Verhandlungen "ohne Bedingungen".

"Wir rufen Russland und die Ukraine dazu auf, Verhandlungen ohne Vorbedingungen wieder aufzunehmen", sagte Dai bei einem Treffen des UNO-Sicherheitsrats zum ersten Jahrestag der russischen Invasion. "Die Ukraine ist keine Arena für Kämpfe zwischen bedeutenden Ländern. Niemand sollte von dem Konflikt auf Kosten der Menschen in der Ukraine profitieren", sagte der Diplomat aus Peking. Zuvor hatte China in einem Positionspapier zu einem Waffenstillstand und Verhandlungen aufgerufen.

In der ZiB 2 des ORF begrüßte der ukrainische Vize-Außenminister Andrij Melnyk das chinesische Positionspapier zur Beendigung des Krieges. Gleichzeitig erklärte er, dass viele darin enthaltenen Punkte "nicht hinnehmbar" seien, wie etwa die Forderungen nach einem Waffenstillstand oder die Aufhebung der Sanktionen gegen Moskau. Vielmehr solle Peking Einfluss auf den Kreml nehmen, damit Russland den Krieg beende, denn schließlich liege der "Schlüssel für ein Kriegsende" im Kreml, sagte Melnyk via Skype in der ORF-Sendung.

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