EU-Sozialdemokraten bauen auf Renzis Schwung
Im Palazzo Chigi sitzt seit wenigen Tagen der jüngste Regierungschef der EU, Matteo Renzi. Der 39-jährige Neo-Ministerpräsident will Italien rasch umkrempeln, die Steuern senken, bürokratischen Filz abschaffen und die Wirtschaft ankurbeln. Als ersten Amtskollegen sollte Renzi als Premier hier Freitagabend Kanzler Werner Faymann empfangen.
Es war nicht nur ein erstes Beschnuppern der beiden. Sie steckten ab, wofür sie auf EU-Ebene eintreten wollen. Renzi fordert mehr Engagement der EU gegen die Arbeitslosigkeit – bei 42 Prozent junger Italiener ohne Job ist das begreiflich. Es ging aber auch darum, wie Europa weiter mit der Schuldenkrise umgeht. Sowohl Renzi als auch Faymann wollen die EU-Kollegen dafür gewinnen, rasch die Finanztransaktionssteuer einzuführen und den Spekulanten den Garaus zu machen. Renzi will die EU-Partner vor allem von einer Lockerung der Sparmaßnahmen überzeugen. Faymann hält sich dabei zurück.
Euro-Ausstieg
Ob Renzi auch die Kampfansage der BZÖ-Spitzenkandidatin Ulrike Haider-Quercia, Italien möge aus dem Euro austreten, beim Treffen mit Faymann thematisierte, wurde nicht bekannt. "Ich glaube, Italien würde wirtschaftlich profitieren, wenn es aus dem Euro aussteigt", sagte die Haider-Tochter zum KURIER. Die BZÖ-Politikerin lebt in Rom, wo sie Verfassungsrecht lehrt und sich jetzt habilitiert. Freunde hat sich Haider-Quercia in ihrer Wahlheimat Italien mit dieser Aussage wohl keine gemacht. Italien hält am Euro fest, ein Ausstieg wäre eine wirtschaftliche Katastrophe, sagen Experten.
"Absolut irrelevant, was die Dame sagt"
Angesehene italienische Medien wie La Repubblica oder La Stampa haben bisher noch keine Notiz von Haiders Forderung zur Lira-Rückkehr genommen. "Absolut irrelevant, was die Dame sagt", erklärt ein italienischer Diplomat.
Gespannt warten Europas Sozialdemokraten heute auf Newcomer Renzi in ihren Reihen. Von ihm soll die Botschaft ausgehen: jung, erfolgreich, frech und reformbegeistert. Martin Schulz, der heute zum Spitzenkandidaten der SPE für die EU-Wahl und damit auch für den Präsidenten der EU-Kommission gekürt wird, kann mutige Ansagen brauchen, will die SPE ihr Ziel erreichen, bei der EU-Wahl die Europäische Volkspartei hinter sich zu lassen.
Am Wahlkongress der SPE in Rom nimmt auch Kanzler und SPÖ-Chef Werner Faymann teil. Er hält die Festrede und will die Genossen auf ein "sozialeres Europa" einschwören.
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