EU-Rechnungshof bleibt kritisch: Hohe Fehlerquote bei EU-Ausgaben

Auch wenn die sogenannte Fehlerrate bei den EU-Ausgaben 2024 auf 3,6 Prozent gesunken ist, gebe es bei den EU-Ausgaben immer noch zu viele Unregelmäßigkeiten, erklärte Tony Murphy, Präsident des Europäischen Rechnungshofs (ERH), bei der Präsentation des jährlichen ERH-Berichts zum EU-Budget am Mittwoch. 2023 war die Fehlerrate noch bei 5,6 Prozent gelegen. Der ERH prüfte in allen drei wesentlichen Ausgabenkategorien auch Österreich, und fand in allen Fehler.
Wie in den vergangenen fünf Jahren gab der Rechnungshof auch heuer aufgrund der "wesentlichen Fehlerquote" und "weitverbreiteter Fehler" ein sogenanntes "versagtes Prüfungsurteil" zu den EU-Ausgaben für 2024 ab. Die meisten Fehler gibt es laut Bericht erneut bei den Ausgaben für die EU-Kohäsionspolitik, auch wenn auch diese Quote im Vergleich zum Vorjahr rückläufig ist: Sie lag 2024 bei 5,7 Prozent, nach fast 10 Prozent im Jahr davor. Am häufigsten hängen Fehler mit nicht förderfähigen Projekten und Kosten sowie mit Verstößen gegen die Vergabevorschriften bei öffentlichen Aufträgen zusammen.
Murphy: Lehren für kommenden Haushalt ziehen
"Die Verringerung der Fehlerquote ist zwar ein Fortschritt, doch es gibt bei den EU-Ausgaben immer noch zu viele Unregelmäßigkeiten", so Präsident Murphy weiter. "Dies ist auf anhaltende Schwächen bei den Aufsichts- und Rechenschaftsmechanismen zurückzuführen. Beim Entwurf des langfristigen EU-Haushalts für die Zeit nach 2027 sollten die politischen Entscheidungsträger Lehren aus unseren Feststellungen ziehen, um die Nachhaltigkeit und Transparenz künftiger EU-Haushalte zu gewährleisten."
Die EU-Institutionen verhandeln gerade das nächste mehrjährige EU-Budget, das ab 2028 gelten soll. 865 Milliarden Euro sollen nach den Wünschen der Kommission in neue nationale und regionale Partnerschaftspläne fließen. Auch beim Coronafonds gab es nationale Aufbau- und Resilienzpläne. Der ERH hält hier fest, dass solche Ausgabenmodelle in Zukunft nur dann verwendet werden sollten, wenn die Finanzierung direkt mit messbaren Ergebnissen verknüpft sei und Zahlungen auf tatsächliche Kosten zurückgeführt werden könnten.
Schwachstellen beim Coronafonds
Beim Coronafonds hängt die Auszahlung der Gelder von der Erreichung von vorher festgelegten Zielwerten ab, und basiert nicht auf den tatsächlichen Kosten der Projekte. Die Prüfenden kritisieren zudem teils schlecht konzipierte Etappenziele, und gaben nur ein "eingeschränktes Prüfungsurteil" ab. Für Österreichs ERH-Mitglied Helga Berger liegen die Schwachstellen des Coronafonds sowohl bei Design als auch in der Umsetzung, wie sie am Mittwoch in einem Pressegespräch erläuterte.
Denn auch ein Teil der 59,9 Milliarden Euro, die 2024 im Rahmen der sogenannten Aufbau- und Resilienzfazilität (ARF) ausgegeben wurden, wurde laut Bericht nicht rechtmäßig verwendet. Die ARF ist das Herzstück des mehrjährigen EU-Programms "NextGenerationEU" (NGEU) in Höhe von rund 800 Mrd. Euro zum wirtschaftlichen Wiederaufbau nach der Coronapandemie. Die Prüfer stellten fest, dass die Unregelmäßigkeiten bei den Coronafonds immer größere finanzielle Auswirkungen hätten. Von den 28 ARF-Zahlungen, die im Jahr 2024 an Mitgliedsländer flossen, hätten sechs nicht den Regeln entsprochen.
Österreich: Fehler etwa bei Agrar-Umweltauflagen
Der ERH prüfte in allen drei wesentlichen Ausgabenkategorien auch Österreich, und fand in allen geprüften Ausgabenbereichen Fehler. Es wurden Stichproben in den Bereichen "Binnenmarkt, Innovation und Digitales" (Wettbewerb), "Zusammenhalt, Resilienz und Werte" (Kohäsion) und "natürliche Ressourcen und Umwelt" (Landwirtschaft) geprüft. So gab es im Bereich Landwirtschaft laut Bericht bei vier von neun in Österreich geprüften Transaktionen Fehler, die zwar im unteren Prozentbereich lagen, aber doch breit gestreut waren.
Sie betrafen etwa die Nichteinhaltung von Agrar-Umweltauflagen, nannte Helga Berger ein Beispiel. "Jeder dieser Fehler ist kritisch zu sehen", so Berger weiter. Keiner sei jedoch so gravierend gewesen, dass ganze Projekte als förderunfähig einzustufen gewesen wären. Verbesserungspotenzial sieht sie etwas im Bereich der Zuordnung der Kosten zu den Projekten. Da Österreich 2024 keine Zahlungen aus dem Coronafonds erhalten habe, sei es in diesem Jahr hier auch nicht überprüft worden.
Der ERH definiert einen "Fehler" als einen aus dem EU-Haushalt ausgezahlten Betrag, bei dem die Zahlungsbedingungen nicht erfüllt waren. Fehler werden laut ERH nicht nur von Förderempfängern, sondern auch von Verwaltungen oder der Kommission selbst verursacht. Nicht hinter jedem Fehler steckt eine betrügerische Absicht. 19 Fälle mutmaßlichen Betrugs seien 2024 an das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) gemeldet worden, einer weniger als im Vorjahr.
Wachsende Schulden gefährden EU-Budget
Berger warnte auch vor der "ständig wachsenden Schuldenlast". Diese drohe die finanziellen Möglichkeiten der EU einzuschränken. So könnte sich der Betrag der ausstehenden EU-Anleihen laut ERH-Bericht bis 2027 auf über 900 Milliarden Euro summieren, fast zehnmal so viel wie vor dem Start des Corona-Aufbaupakets NGEU im Jahr 2020. Darüber hinaus könnten für NGEU im aktuellen Haushaltszeitraum Zinszahlungen in Höhe von insgesamt über 30 Milliarden Euro fällig werden, im Vergleich zu den ursprünglich angenommenen 14,9 Milliarden Euro, so Berger. Im Zeitraum von 2028 bis 2034 könnten sich die Zinszahlungen sogar auf fast 74 Milliarden Euro erhöhen.
"Sowohl im Bereich Kohäsion als auch für die laufende Periode werden die Mittel nicht so abgeschöpft, wie geplant", erklärt die Österreicherin weiter. Bei der Mittelausschöpfung der Strukturfonds für die ausgelaufene Periode 2014-2020 lag Österreich Ende 2024 mit 96 Prozent knapp unter dem EU-Durchschnitt (97 Prozent). Zahlungsanträge für die verbleibenden Mittel konnten bis Ende Juli 2025 eingereicht werden. Als mögliche Erklärung nennt Berger, dass Mittel aus dem ARF teils einfacher in Anspruch genommen werden könnten.
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