EU-Parlament lässt Junckers Kommissare nachsitzen
Über Wochen hat Jean-Claude Juncker seine Kommission zusammen- und immer wieder umgestellt, 60 verschiedene Versionen sollen es gewesen sein. Nachdem der Großteil der 27 Kommissare in den letzten Tagen vom Parlament befragt wurde, scheint es nicht ausgeschlossen, dass Juncker noch einmal ans Werk muss.
Nicht bei allen Kandidaten gibt es eine positive Empfehlung des zuständigen Parlamentsausschusses. Tibor Navracsics (Ung/Bildung und Kultur) und Vera Jourova (CZ/Justiz) müssen schriftliche Nachfragen beantworten; bei Miguel Arias Cañete (Sp/Energie und Klimaschutz) warten die Abgeordneten auf ein Urteil der Parlamentsjuristen zur Erklärung seiner finanziellen Interessen; und Jonathan Hill (UK/Finanzen) wurde gleich zu einem zweiten Termin nächste Woche geladen.
Kein Nichtangriffspakt
"Man sieht, dass das Parlament noch selbstbewusster auftritt – und man sieht auch, dass es entgegen mancher Gerüchte keine Absprachen gibt", sagt Jörg Leichtfried, Vize-Fraktionschef der Sozialdemokraten.
Vermutungen, Sozial- und Christdemokraten würden einen "Nichtangriffspakt" schließen, um ihre Parteikollegen durchzubringen, haben sich nicht bestätigt. Im Gegenteil: Die sozialdemokratische Fraktion schoss sich am Mittwoch auf Cañete und Navracsics ein. Im Gegenzug hielt die Europäische Volkspartei Pierre Moscovici (Wirtschaft und Währung) am Donnerstag immer und immer wieder Frankreichs hohes Defizit vor, das er als Finanzminister mitverschuldet habe. Moscovici bleibt ein zweites Hearing erspart, auch an ihn gibt es aber schriftliche Nachfragen.
In Parlamentskreisen wird die Verschiebung der einzelnen Empfehlungen als Zeichen gedeutet, dass die großen Fraktionen ein Gesamtpaket verhandeln. (Fast) alle Wackelkandidaten sollen durchkommen – eventuell mit Änderungen in den Portfolios.
Zwist mit Juncker?
Zum holprigen Start der Juncker-Kommission passt die Episode um die neue Handelskommissarin Cecilia Malmström: Ihr wurde in einem Schreiben ans Parlament – offenbar von Junckers Büro – ein striktes Bekenntnis gegen Schiedsgerichte bei Freihandelsabkommen untergeschoben. Malmström dementierte vehement – und stellte Junckers Kabinett damit bloß.
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