EU-Notfallpläne für das schlimmste Brexit-Szenario

EU-Notfallpläne für das schlimmste Brexit-Szenario
Die EU hofft weiter auf ein Abkommen mit London, will aber auf alles vorbereitet sein.

Noch sechs Monate – dann ist die Scheidung zwischen der Europäischen Union und Großbritannien vollzogen. Noch immer hofft man in Brüssel darauf, dass die Trennung friedlich, also mit einem geregelten Abkommen, verlaufen wird.

Geht dies allerdings schief, müssen sich als allererstes die Zollposten in Dover und Calais auf eine Lawine einstellen: Über Nacht wäre das Vereinigte Königreich im Fall eines harten Brexits für die EU ein Drittstaat. Derzeit werden in Dover/Calais an die 500 LKW aus Drittstaaten kontrolliert. Ab 30. März aber wären es dann täglich an die 10.000, die kontrolliert werden müssten. Hunderte Flugzeuge mit Zielrichtung EU müssten auf britischen Flughäfen am Boden bleiben. Ein Albtraum-Szenario, das man in der EU unbedingt vermeiden will.

Auch wenn die EU-Kommission am Donnerstag Berichte über Notfall-Pläne für einen „No-Deal“ mit London nicht bestätigte, will man auf das Schlimmste vorbereitet sein. Binnen fünf Tagen sollen dann Notregulierungen erlassen w erden können, um Zoll-, und Finanzwesen sowie den Flugverkehr zwischen EU und ihrem künftigen Ex-Mitglied möglichst friktionsfrei aufrecht zu erhalten. Offiziell aber heißt es in Brüssel dazu nur: Man sei für alle Szenarien vorbereitet. In erster Linie gehe es weiterhin vor allem darum, „auf einen Deal hinzuarbeiten“, sagte gestern ein Sprecher der EU-Kommission.

Vorbereitungen

Aber ob geordnete Trennung oder harter Brexit – bei den Wirtschaftsunternehmen diesseits des Ärmelkanals, also auch in Österreich, laufen die Vorbereitungen schon längst. Die Wirtschaftskammer hat Notfallpläne in Form von Checklisten erstellt, was heimische Firmen beachten und verändern sollten. Zu klären gilt es etwa mit den britischen Partnern: Wer zahlt künftig die Zölle? Und was passiert, wenn plötzlich heimische Fachkräfte nicht mehr ins Vereinigte Königreich entsendet werden können? In der Zollunion mit der EU zu bleiben, lehnt Großbritannien ab. Dies würde London hindern, selbstständig Handelsverträge mit anderen Staaten auszuhandeln.

„Bei den österreichischen Firmen ist die Beunruhigung noch nicht allzu groß“, weiß Christian Mandl, Leiter der Abteilung EU-Koordination in der Wirtschaftskammer. „Die Firmen warten noch ab.“ Großbritannien ist Österreichs neuntwichtigster Wirtschaftspartner. Das bilaterale Handels- und Dienstleistungsvolumen beträgt rund 11 Milliarden Euro.

Nächster Meilenstein für die Brexit-Entwicklung ist der nun beginnende Parteitag der britischen Konservativen. In der EU verfolgt man ihn mit Sorge. Denn in Brüssel weiß man: Erst, wenn Premierministerin Theresa May den Frontalangriff ihrer parteiinternen Gegner hinter sich hat, kann man hoffen, dass sie der EU mit Konzessionen entgegen kommt. Und dann wäre ein „guter Deal“ wieder in möglicher Reichweite.

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