EU macht Druck bei Frauenquote
Seit Jahren werden verpflichtende Frauenquoten für Aufsichtsräte gefordert – ohne Erfolg. Doch jetzt kommt wieder Bewegung in die Sache: Bei den Koalitionsverhandlungen in Deutschland haben sich CDU/CSU (die sie bislang ablehnten) und SPD darauf verständigt, eine Frauenquote einzuführen: Bis 2016 sollen in den Aufsichtsräten großer Börsenkonzerne mindestens 30 Prozent Frauen sitzen.
Das EU-Parlament geht sogar noch einen Schritt weiter: 40 Prozent sollen es sein – bis zum Jahr 2020.
Auswahlverfahren
Mit 459 zu 148 Stimmen stimmten die Abgeordneten am Mittwoch für eine Resolution, die federführend von SPÖ-Mandatarin Evelyn Regner ausgearbeitet wurde. Regner setzt auf bindende Vorschriften für die Unternehmen – jedoch nicht mit einer direkten Quote. Stattdessen sollen die Firmen zu „offenen, transparenten Auswahlverfahren“ verpflichtet werden. Bei gleicher Qualifikation soll der Kandidat bevorzugt werden, dessen Geschlecht im Aufsichtsrat weniger stark vertreten ist. So sei es nur eine Frage der Zeit, bis der Frauenanteil steigt.
„Es geht darum, die Männerquoten abzuschaffen ohne Frauenquoten einzuführen“, sagt Regner. „Die Besetzung von Posten hinter verschlossener Tür ist künftig Geschichte, die Männerbünde werden ausgehebelt.“
Gelten soll das für rund 5000 börsennotierte Unternehmen in Europa mit mehr als 250 Mitarbeitern und 50 Millionen Euro Jahresumsatz. Regner: „Unternehmen, die sich über den Finanzmarkt finanzieren lassen und mehr als 250 Mitarbeiterinnen beschäftigen, können auch Qualitätskriterien umsetzen – jeder Aufschrei dagegen ist nicht nachvollziehbar.“
Sanktionen möglich
Ein Verfehlen der 40-Prozent-Quote soll nicht bestraft werden. Für Firmen, die sich jedoch nicht an den vorgegebenen Auswahlprozess halten, sind sehr wohl Sanktionen vorgesehen.
Damit der Plan des EU-Parlaments in Kraft tritt, müssen nun noch die Mitgliedsstaaten zustimmen. Bis dato hatten Vorhaben in Richtung Frauenquote keine Chance im Rat – neun Länder haben eine Sperrminorität dagegen gebildet. Eines davon war Deutschland – und hier erhoffen sich Regner & Co. nun ein Umschwenken.
Blockade zu Ende?
„Wenn das, was jetzt in den Koalitionsgesprächen vereinbart worden ist, Realität wird, würde Deutschland mit Italien und Frankreich zu den Vorreitern bei der Frauenquote“, sagt Justizkommissarin Viviane Reding, die die Quote seit Jahren fordert. „Das wäre ein starkes Signal für Europa – und für die Frauen.“
Dort, wo der Staat ein Wort mitzureden hat, geht es mit der Frauenquote rasch bergauf. In den 55 Unternehmen, an denen der Bund mit 50 Prozent oder mehr beteiligt ist, liegt der Frauenanteil in den Aufsichtsräten bereits bei 33 Prozent. Im Vorjahr waren 94 von insgesamt 285 entsendeten Aufsichtsräten Frauen, um 21 mehr als im Jahr davor. Bis Ende des Jahres sollen noch weitere Neubestellungen dazukommen.
Die Regierung in Wien hat sich 2011 dazu verpflichtet, bis Ende 2013 mindestens 25 Prozent Frauenanteil in den Aufsichtsgremien zu erreichen, bis Ende 2018 soll der Anteil auf 35 Prozent angehoben werden. Dieses Ziel wird jährlich überprüft und dem Ministerrat in einem eigenen Fortschrittsbericht vorgelegt.
In der Privatwirtschaft sind Aufsichtsrätinnen nach wie vor rar gesät, ihr Anteil steigt nur sehr langsam. Laut AK beträgt der Frauenanteil in den Kontrollgremien der 200 umsatzstärksten Unternehmen 13,5 Prozent – um 2,3 Prozentpunkte mehr als vor einem Jahr.
Fast die Hälfte aller Aufsichtsrätinnen werden vom jeweiligen Betriebsrat entsandt. Die im ATX gelisteten Börsefirmen kommen auf eine Frauenquote von zwölf Prozent.
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