EU: Karas will Einstimmigkeit aufweichen

EU: Karas will Einstimmigkeit aufweichen
Dafür wäre eine Änderung des EU-Vertrages notwendig, wie von Kanzler Kurz gefordert. Die Kommission reagierte zurückhaltend.

Othmar Karas hat sich am Montag bei einer Pressekonferenz in Wien für eine Änderung des Einstimmigkeitsprinzips in Steuerfragen ausgesprochen. Laut dem EU-Spitzenkandidaten der ÖVP müsse sich hier "etwas ändern". "Es gibt in der Europäischen Union eine unheilige Allianz, die Europa schwächen will", befand er.

Er nahm dabei EU-Staaten ins Visier, die mittels Veto etwa die Umsetzung der digitalen Betriebsstätte verhindern würden. Die Maßnahme sei bereits im Europäischen Parlament beschlossen worden. Da aber das Einstimmigkeitsprinzip gelte, könne sie von einigen Mitgliedsstaaten blockiert werden.

"EU-weite Steuer auf Onlineumsätze"

"Steuerpolitik ist eine nationale Angelegenheit und noch nicht Gemeinschaftszuständigkeit, daher muss sich auch hier etwas ändern. Das kann man mit der Debatte, die der Bundeskanzler angestoßen hat, im Zusammenhang mit der Evaluierung zweifelsohne ansprechen", verwies Karas auf die von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) erhobene Forderung zur Neuverhandlung des EU-Vertrages.

Karas erneuerte damit seine Forderungen nach der Umsetzung der digitalen Betriebsstätte sowie einer gemeinsamen Bemessungsgrundlage der Unternehmensbesteuerung. Die Steuersätze sollten jedoch weiterhin von den Nationalstaaten selbst festgelegt werden. Im Besonderen sprach der ÖVP-Spitzenkandidat Unternehmen wie Airbnb oder Uber an, die Vermittlungsleistungen im Internet anbieten: "Es muss eine EU-weite Steuer auf Onlineumsätze geben. Man muss dort Steuern zahlen, wo auch die Wertschöpfung erfolgt."

Neuer Vertrag: EU-Kommission reagiert zurückhaltend

Unterdessen hat die EU-Kommission zurückhaltend auf einen möglichen, neuen EU-Vertrag reagiert. Eine Vertragsänderung sei Sache der EU-Staaten, deshalb wolle man die Äußerungen nicht weiter kommentieren. Ein Sprecher von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker betonte jedenfalls, dass Juncker seine Versprechen im Rahmen des Lissabon-Vertrages gemacht habe und diese auch großteils umsetze. "Wir haben bis auf wenige Ausnahmen geliefert", sagte der Sprecher. Die "Mega-Frage von Vertragsänderungen" sei Angelegenheit der Mitgliedstaaten.

Bei einem Gipfel der europäischen Staat- und Regierungschefs, kommenden Donnerstag im rumänischen Sibiu, will Kurz seinen Vorschlag bekräftigen. Er hatte den bestehenden Lissabon-Vertrag als ungenügend bezeichnet, um die Finanz-, Migrations- und Klimakrise sowie den Brexit zu managen und klarere Spielregeln und Sanktionen verlangt.

"Aufkochen von alten Kalauern"

In der Regierungskoalition herrscht derzeit keine Einigkeit in Sachen Einstimmigkeitsprinzip: Der Spitzenkandidat des Koalitionspartners FPÖ, Harald Vilimsky, kritisierte den Vorschlag des Kanzlers bezüglich eines neuen EU-Vertrages und warnte vor weitreichenden Konsequenzen für Österreich. Eine mögliche Aufhebung des Einstimmigkeitsprinzips könnte "noch mehr EU-Zentralismus bedeuten", sagte Vilimsky.

Als "Aufkochen von alten Kalauern" bezeichnete SPÖ-Spitzenkandidat Andreas Schieder die Forderung von Kurz. Wäre es Kurz damit ernst, hätte er die Vorschläge im Rahmen der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft im Vorjahr einbringen können, meinte Schieder.

Der SPÖ-Politiker unterstützt zwar selbst einige dieser "altbekannten" Forderungen, etwa die Verkleinerung der EU-Kommission, schnellere Entscheidungen oder einen einzigen Sitz für das EU-Parlament. "Das Problem ist aber das, was nicht drinnen steht." So werde eine Stärkung des Europäischen Parlaments genauso wenig erwähnt, wie eine Sozialunion, der Klimawandel, die Steuerprivilegien der Konzerne oder Mehrheitsentscheidungen in der Europäischen Union.

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