Strenge Theorie, laxe Praxis gegen Korruption

Noch stärker als der aktuelle EU-Vertrag von Lissabon stellte der Vertrag von Maastricht die Weichen für die Europäische Union in ihrer heutigen Form.
Studie: EU-Entscheidungen fehlt Transparenz.

Schützen sich die EU-Institutionen sorgfältig genug gegen Korruption? Theoretisch ja – praktisch naja. Zu diesem Schluss kommt eine Studie von Transparency International, die am Donnerstag in Brüssel präsentiert wurde.

Die Anti-Korruptions-Experten kommen zu dem Schluss, dass es zwar zahlreiche Vorschriften gebe, um Korruption zu verhindern – allerdings würden sie kaum umgesetzt. "Die EU-Institutionen haben in den vergangenen Jahren viel unternommen, um ihre Angelegenheiten in Ordnung zu bringen", sagte Carl Dohan, Direktor des EU-Büros von Transparency. "Doch das starke Fundament wird untergraben durch zu komplizierte Regeln, Selbstzufriedenheit und Nachlässigkeit." Als Ergebnis sei das Risiko für Korruption auf EU-Ebene immer noch beachtlich.

"Informelle Wege"

Ein zentraler Mangel sei das Fehlen eines verpflichtenden Registers für Lobbyisten, die auf EU-Ebene agieren.

Als "alarmierenden Trend" bezeichnet Dohan, dass immer mehr EU-Entscheidungen hinter verschlossenen Türen und außerhalb der "formalen Regeln" fallen würden. "Um den komplexen Entscheidungsfindungsprozess zu beschleunigen", heißt es in dem Bericht, tendiere man dazu, informelle Wege zu finden. Allein zwischen 2009 und 2014 hätte es 1549 informelle "Trilog-Treffen" zwischen EU-Parlament, Ministerrat und Kommission gegeben. Oft sei nicht klar, wo sie stattfinden und wer daran teilnimmt; öffentliche Aufzeichnungen gebe es keine.

Als Beispiel für die laxe Umsetzung strenger Regeln nennen die Experten die Interessenserklärungen von Abgeordneten und Kommissaren: Sie müssen ihre finanziellen Interessen, z. B. Firmenbeteiligungen, angeben – es gebe aber keinen Beleg dafür, dass dies überprüft werde.

Weitere Kritikpunkte: Die Vorschriften, um Interessenskonflikte von EU-Mitarbeitern zu vermeiden – etwa bei einem Wechsel in die Wirtschaft –, seien selbst für die Betroffenen schwer durchschaubar. Der Schutz von "Whistleblowern" sei nur in der Kommission ordentlich umgesetzt, sodass für viele Insider der Anreiz fehle, Missstände aufzudecken.

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