EU-Haushalt: Wer mehr, wer weniger bekommt
Weniger Geld für die Bauern, dafür mehr für die europäische Verteidigung? Das nächste Sieben-Jahresbudget (ab Jänner 2021)für die Europäische Union muss geschnürt werden – viele Themen sind strittig, die Begehrlichkeiten der Staaten groß. Und so meinte dieser Tage ein mit den Budgetverhandlungen bestens vertrauter EU-Vertreter in Brüssel schmunzelnd: Für Kanzler Sebastian Kurz „könnte es ein Meisterstück werden“, wenn er während der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft einen Kompromiss unter den EU-Staaten auf den Wege bringe. Am kommenden Mittwoch legt die EU-Kommission ihren Budgetentwurf vor. Der KURIER beantwortet schon heute die wichtigsten Fragen.
In den nächsten EU-Haushalt werden die Briten nach dem Brexit nicht mehr einzahlen. Wer wird für die fehlenden jährlich 10 bis 13 Milliarden Euro aufkommen?
Österreich jedenfalls nicht, versichert die Regierung in Wien. Man wolle als Nettozahler „keinen Cent mehr als bisher“ nach Brüssel überweisen. Dort allerdings sieht man das anders. Denn mit dem nächsten Budget wird sich die EU neuen Aufgabenbereichen widmen – etwa der Migration, der gemeinsamen Verteidigung und dem gemeinsamen Außengrenzschutz. Letzteres wird in Wien immer vehement eingefordert. In Brüssel hofft man deshalb darauf, dass sich Österreich dieses gemeinsame Ziel auch etwas kosten lassen könnte.
Aber die EU-Kommission will die Ausgaben sogar noch erhöhen, also das Budget erweitern. Wie soll das gehen?
Derzeit beträgt das EU-Budget ein Prozent der Wirtschaftsleistung der 28 EU-Staaten. Der nächste Haushalt soll laut laut Plan zwischen 1,13 und 1,18 Prozent betragen. Dies soll durch höhere Beitragszahlungen der Mitgliedsländer möglich werden – Deutschland und Frankreich haben bereits zugesagt. Aber auch die eigenen Einnahmen der EU sollen gesteigert werden: etwa durch eine geplante Plastiksteuer, eine Digitalsteuer, Zölle etc.
Und wo wird gespart? Wird es Verlierer geben?
„Maßvolle, aber effektive Kürzungen von je sechs Prozent werden wir bei den zwei größten Programmen, vornehmen“, sagt EU-Budgetkommissar Günther Oettinger. Die zwei Bereiche sind der Agrarsektor und die Regionalförderung (Kohäsion). Zusammen machten sie bisher 80 Prozent des Haushaltes aus. Jetzt soll dieser Anteil auf 60 Prozent zurückgeschraubt werden.
Also weniger Geld für Österreichs Bauern?
Österreichs Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger weist dies entscheiden zurück. Sie betont aber auch: Sollte es zu einem Rückgang der Direktzahlungen aus Brüssel kommen, werde es laut Koalitionsvereinbarungen für die heimischen Landwirte „einen natürlichen Ausgleich“ von Seiten Österreichs geben.
Und das Burgenland, bisher größter Empfänger regionaler Förderungen aus Brüssel – wird es künftig auch weniger erhalten?
Noch ist nichts entschieden, die Sorgen aller Regionalpolitiker in Europa aber sind groß. Von einem Szenario, in dem die Regionalförderungen radikal gekürzt worden wären und in dem das Burgenland keine Förderungen mehr erhalten hätte, ist die Kommission aber wieder abgerückt.
Fließen nur Mittel aus der EU-Agrar- und Regionalförderung nach Österreich?
Es gibt unzählige EU-Förderprogramme. Nach Oberösterreich etwa, das die Fördermöglichkeiten der EU seit 20 Jahren intensiv nutzt, fließen jährlich 247 Millionen Euro aus Brüssel zurück. Die Förderungen konzentrierten sich dabei zuletzt auf Forschung, Innovation, Bildung und Qualifizierung – alles Bereiche, wo im nächsten Budget nicht gekürzt wird.
Und die Gewinner? Wer wird mehr Geld und Förderungen erhalten?
Ausgebaut wird das Erasmus-Programm für Studenten. Aber massive Steigerungen sind für den Forschungsbereich („HorizonEurope“) vorgesehen – um nahezu 50 Prozent. Das birgt enorme Möglichkeiten für Österreich. „Bei entsprechender Ko-Finanzierung durch uns“, meint dazu etwa Wiens Bürgermeister Michael Häupl, „hat Wien im nächsten EU-Budget im Bereich Forschung noch mehr Chancen.“
Stimmt es, dass Polen oder Ungarn weniger Gelder erhalten sollen, weil sie keine Flüchtlinge aufnehmen oder den Rechtsstaat untergraben?
Die Kommission dreht den Spieß um: Wer Flüchtlinge aufnimmt, soll mehr Förderungen erhalten, also belohnt werden. Strafen sind keine vorgesehen. Ist die Rechtsstaatlichkeit eines Landes in Gefahr – wie etwa in Polen – will die Kommission künftig die Auszahlung von Geldern verhindern. Wie sich das rechtlich durchsetzen lässt, muss allerdings erst noch geklärt werden.
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