Das wird allein dadurch deutlich, dass der noch geheime Entwurf in die Hände von Umweltschutzorganisationen wie Greenpeace, aber auch an die Grünen im EU-Parlament gelangt ist. Beide sorgen sich, dass das Gesetz Tür und Tor für den weitgehend unkontrollierten Einsatz von Gentechnik in der Landwirtschaft öffnen könnte.
Neue Technik der Genmanipulation
„Wenn das Gesetz wird, werden die Konsumenten nicht mehr wissen, ob sie Essen mit genmanipulierten Bestandteilen zu sich nehmen“, meint etwa der österreichischen EU-Abgeordnete Thomas Waitz zum KURIER.
Hintergrund für den neuen Gesetzesvorstoß ist eine neue Technik der Genmanipulation. Als „Genschere“ bekannt, liefert die Methode – anders als bisherige unpräzisere gentechnische Praktiken – die Möglichkeit, Gene aus dem Erbgut von Pflanzen quasi auszuschalten, oder sie in einem zweitem Schritt durch ein anderes Gen zu ersetzen.
Damit können Eigenschaften von Pflanzen gezielt verändert werden. Die Agrarindustrie verspricht seither, Nutzpflanzen, die gezielt an Veränderungen durch den Klimawandel angepasst sein sollen: Hitzewellen, Wassermangel, oder neue Pflanzenkrankheiten.
Dabei entfallen strenge und aufwendige Kontrollen
Beschränkt man sich auf das Ausschalten von Genen, sollen die neuen Pflanzen – so sieht es der Gesetzesentwurf vor – ihren auf konventionelle Weise gezüchteten Artgenossen gleichgestellt werden. Damit entfallen die strengen und aufwendigen Kontrollen, die bisher bei genmanipulierten Pflanzen in der Landwirtschaft vorgeschrieben waren. Schließlich, meinen Befürworter, hätten diese Änderungen auch auf natürlichem Weg entstehen können.
Damit aber wollen Umweltschützer wie Greenpeace sich nicht abfinden. „Nennen wir das Ding beim Namen“, so eine Sprecherin: „Das ist immer noch Gentechnik. Die will die EU-Kommission jetzt von allen Sicherheitsmaßnahmen befreien und die Risiken ignorieren.“
Keine Kennzeichnung
Für die Konsumenten, so das Argument der Umweltaktivisten, hätte das zur Folge, dass das Essen auf ihrem Teller genmanipulierte Zutaten enthalten könne, ohne dass sie wie bisher darüber informiert werden müssten. „Die Menschen sollten doch ein Recht darauf haben, dass sie wissen, was sie essen.“
Skeptisch gibt sich auch der Grüne Parlamentarier Waitz. Die Versprechen der Agrarindustrie, Pflanzensorten zu konstruieren, die etwa weniger Wasser verbrauchen würden, die habe es schon bei den früheren Methoden der Gentechnik gegeben.
Stattdessen aber habe man Sorten produziert, die etwa gegen die firmeneigenen Unkrautvernichter resistent seien: „Da geht es den Firmen schlicht um ihr Geschäft.“ Problematisch sieht Waitz auch die bereits beantragten Patentrechte für die Produkte der neuen Gentechnik. Wenn diese ihren natürlich entstandenen Verwandten tatsächlich so ähnlich seien, wie behauptet, dann könne doch eine Firma kein Patent auf diese beantragen.
Sorge um alte Sorten
Patente machen auch den Saatgut-Schützen der österreichischen Organisation Arche Noah Sorgen. Ihnen geht es vor allem um die vom Aussterben bedrohten Pflanzenarten aus der traditionellen Landwirtschaft. In Österreich sei deren Verwendung durch die geltenden EU-Regeln einigermaßen abgesichert.
Doch die neue Saatgut-Regelung und der Einsatz der Gentechnik könnte die Übermacht der Saatgut-Industrie noch vergrößern. Wenn dann gerade für die traditionellen Sorten neue gesetzliche Hürden errichtet würden, sei das „schlecht für Umwelt, Landwirtschaft und Gesundheit.“
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