EU-Appell an Flüchtlinge: "Bleibt in Afrika"

In Schlauchbooten riskieren Afrikaner die gefährliche Überfahrt nach Europa
Partnerschaftsabkommen. Deals mit fünf Staaten soll illegale Migration über das Mittelmeer stoppen.

Die Balkanroute ist dicht, der gemeinsame Küsten- und Außengrenzschutz arbeitet effizienter – und jetzt verhandelt die EU-Kommission Migrationspartnerschaften mit fünf afrikanischen Ländern. Das Ziel ist klar: Der Flüchtlingsstrom nach Europa soll bald endgültig versiegen.

Die Außenbeauftragte der EU, die Italienerin Federica Mogherini, skizzierte am Dienstag maßgeschneiderten Kooperationspläne mit Niger, Nigeria, Senegal, Mali und Äthiopien. Die einen bekommen EU-Gelder für Flüchtlingsunterkünfte, die anderen für Bildungseinrichtungen oder kleine Unternehmen, um die Menschen von der Flucht abzuhalten. Allein im krisengeschüttelten Äthiopien warten 700.000 Menschen aus Somalia, Eritrea und dem Südsudan, um nach Europa zu kommen. Mit Nigeria verhandelt die EU-Kommission ein Rückübernahme-Abkommen.

Mogherini ist schon heute mit den "innovativen Modellen der Migrationspolitik" zufrieden, auch wenn der endgültige Praxistest noch aussteht. In Italien sind über das Mittelmeer heuer bis Mitte Oktober 132.000 illegale Migranten angekommen, Tausende wurden auf offener See in Schlepperbooten gerettet.

Mehr Rückführungen

"Mit den Migrationspartnerschaften soll ein Signal an die Herkunfts- und Transitländer am Schwarzen Kontinent gesendet werden: Bleibt in Afrika", betont ein hochrangiger EU-Diplomat.

Konkrete Zahlen über Rückführungen nannte Mogherini nicht, nur so viel: "Das ist eine langfristige Aufgabe." Was stimmt, denn solche Abkommen setzen eine lückenlose Registrierung voraus.Um Rückführ-Verträge zu verhandeln braucht die EU-Kommission nach wie vor ein Mandat der EU-Mitgliedsländer. Bisher hat die Brüsseler Behörde Abkommen mit Armenien, Aserbaidschan, der Türkei und den Kap Verden vereinbart. Mit Algerien, Belarus, China und Marokko ziehen sich die Gespräche seit Jahren ergebnislos dahin.

Manche Länder machen das in Eigenregie. Österreich hat etwa mit Gambia und der Mongolei ein Rücksende-Abkommen für abgelehnte Asylwerber beschlossen.

Die EU-Chefdiplomatin schließt weitere Rücknahme- und/oder Partnerschaftsabkommen mit anderen Staaten nicht aus. Der EU-Türkei-Deal sei aber keine Blaupause für solche Kooperationen, da es für jedes Land eine individuelle Lösung geben müsse. Mit dem Libanon und Jordanien, wo Hunderttausende syrische Kriegsflüchtlinge untergebracht sind, habe die EU-Kommission eben einen Pakt geschlossen. In Aussicht stellte Mogherini auch Rückübernahme- Abkommen mit Afghanistan, Pakistan oder Bangladesch. Mit Ägypten gebe es laufende Gespräche, aber Kairo habe bisher keinen Wunsch nach einer Migrationspartnerschaft geäußert.

"Win-win-Ansatz"

Befragt, warum die Kommission immer von den Staaten verlange, die Regeln einzuhalten, aber bei der Flüchtlingsverteilung, der umstrittenen Quote, niemals Konsequenzen gezogen habe, wie im Falle der Visegrád-Staaten, winkte Mogherini ab. Das sei nicht ihre Kompetenz.

Auf die Frage, ob es für Drittstaaten auch Strafen geben könnte, wenn Rückübernahme-Abkommen nicht akzeptiert würden, sagte Mogherini: "In der jetzigen Phase setzen wir auf den Win-win-Ansatz. Das passt eher zu unseren Werten und Interessenslagen. Es gibt keine Vorbedingungen für Hilfe, das passt nicht zu unseren rechtlichen Standards."

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