Erster Schnee in Kiew: Sind damit auch die Frontlinien festgefroren?
Für die russische und ukrainische Armee spielen die extremen Wetterverhältnisse des nahenden Winters eine immer größere Rolle. In den letzten Tagen schneite es schon im Osten des Landes vereinzelt, in der Nacht auf Freitag blieb der Schnee dann aber großflächig, auch in der ukrainischen Hauptstadt Kiew, liegen.
Nur eine Woche nach dem Rückzug der russischen Armee aus der ostukrainischen Provinzhauptstadt Cherson zeichnet sich damit ab, dass der Dnepr-Fluss in den nächsten Monaten aller Voraussicht nach die Frontlinie in der Ostukraine bilden wird.
Bundesheer-Stratege Oberst Markus Reisner sprach mit dem KURIER schon in der vergangenen Woche darüber, was der nahende Wintereinbruch in der Ukraine für die Kriegsparteien bedeuten könnte. Der Boden sei an beiden Ufern des Dnepr um diese Zeit extrem schlammig und gefriere deshalb leicht, so Reisner. "Es wird extrem kalt, das nächste Zeitfenster für größere Truppenbewegungen wäre also erst Ende Jänner, Anfang Februar."
Mit der Einnahme von Cherson sei der Ukraine noch rechtzeitig vor dem Winter ein gewaltiger Erfolg gelungen. „Die Stadt kann als Winterquartier dienen“, so Reisner. Russland werde über den Winter versuchen, das Südufer des Dnepr durch Verteidigungsanlagen abzusichern und die eigenen Truppen mithilfe der eingezogenen Reservisten neu zu formieren.
Briten: Russland beschränkt sich auf Nachrüstung
Eine Einschätzung, die auch das britische Verteidigungsministerium am Freitag in seinem täglichen Bericht teilt. Russische Truppen würden sich aktuell landesweit vor allem "auf Umrüstung, Neuorganisation und das Errichten von Verteidigungsanlagen" konzentrieren, heißt es.
Russland werde wahrscheinlich versuchen, in Zukunft Teile der aus Cherson abgezogenen Truppen nach Norden zu verlegen, um im Oblast Donezk im Frühjhar eine Entscheidung herbeizuführen.
Selenskij: Zehn Mio. Ukrainer ohne Strom
Eingestellt sind die Kriegshandlungen deshalb noch lange nicht. Nach erneutem heftigen Beschuss durch russisches Artilleriefeuer kam es laut dem ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenskij am Donnerstagabend in einigen Landesteilen zu massiven Stromausfällen. "Im Moment sind mehr als zehn Millionen Ukrainer ohne Strom", sagte Selenskyj in seiner täglichen Videobotschaft. Insbesondere die Regionen Odessa, Kiew, Winnyzja und Sumy seien von den Stromausfällen betroffen, erläuterte er.
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