Erste Feuerprobe für Favoriten Macron

Emmanuel Macron – Kompromisskandidat für Bürgerliche wie Linke.
Hoher Einsatz für Frankreichs neuen Politstar Emmanuel Macron bei der ersten TV-Debatte der Präsidentschafts-Kandidaten.

Das Wochenende gehörte den beiden ausgesprochen linken Kandidaten: der Linkssozialist Benoit Hamon, der überraschender Weise die SP-Vorwahlen im Januar gewonnen hatte, versammelte am Sonntag über 20.000 Anhänger zur bisher größten Hallenveranstaltung des Wahlkampfs. Der Linksaußen-Tribun Jean-Luc Melenchon sprach am Samstag vor fast 100.000 Personen, die sich an einem Straßen-Marsch seiner Bewegung „La France insoumise“ (das ungebeugte Frankreich) beteiligten.

Laut Umfragen verfügen Hamon und Melenchon für den ersten Durchgang der Präsidentenwahlen (am 23.April) über ein gemeinsames Wählerpotential von insgesamt rund 25 Prozent. Damit wären die linksalternativen Kräfte zusammengerechnet fast genauso stark wie die Nationalistin Marine Le Pen, die bei 25 bis 27 Prozent für den ersten Wahlgang hält.

Da sich aber dieser betont linke Wählersockel vorerst zu etwa zwei gleichen Teilen auf Melenchon und Hamon aufteilt, hat keiner von den beiden einstweilen eine Aussicht, sich für die Stichwahl zu qualifizieren.

Hamon brachte zwar mit radikal anmutenden Vorschlägen, wie der Einführung eines allgemeinen Grundgehalts und einer Maschinensteuer, frischen Wind in die Wahlkampfdebatte. Und er konnte dadurch einen Teil der jungen Linken gewinnen, die dem SP-Präsidenten Francois Hollande zürnen. Aber umgekehrt verscheuchte er pragmatische SP-Politiker und Anhänger, unter denen er den Ruf eines allzu freigiebigen „Weihnachtsmanns“ gewonnen hat.

Abtrünnige Sozialisten strömen zu Macron

Diese abtrünnigen SP-Wähler (laut Umfragen etwa die Hälfte der SP- Stammwähler) strömen zum partei-unabhängigen Zentrumskandidaten Emmanuel Macron.

Der 39 jährige Ex-Banker, der vom SP-Staatschef Hollande in seinen engsten Mitarbeiterkreis geholt und anschließend als Finanzminister der SP-Regierung amtiert hatte, trennte sich von den Sozialisten im vergangene August. Er gründete eine neuartige, basis-demokratisch organisierte und liberal-soziale Bewegung für seine eigene Präsidentschaftskandidatur.

Macron war auch bisher der hauptsächliche Gewinner der Skandale, die den konservativen Kandidaten Francois Fillon aus der Bahn warfen (er sackte in einer letzten Umfrage auf 17 Prozent ab). Etliche liberale bürgerliche Wähler, die die Affären um Scheinjobs in der Familie Fillon und seinen zunehmend rechtslastigen Diskurs schockten, fanden bei Macron Unterschlupf. Inzwischen zieht Macron seine Legitimität vor allem aus der weit verbreiteten Hoffnung, er könne Marine Le Pen in der Stichwahl sicher schlagen.

Unsicherheitsfaktor bei Umfragen

Laut Umfragen käme Macron im ersten Wahlgang auf etwa 25 Prozent und würde das anschließende Duell mit der Nationalistin klar gewinnen. Allerdings bergen diese Umfragen einen wichtigen Unsicherheitsfaktor: Marine Le Pen hat den „solidesten Wählersockel“, wie das Pariser Blatt Le Mondeschreibt. Von den 25 bis 27 Prozent Befragten, die sich seit Jänner zu ihr bekennen, erklären inzwischen 78 Prozent, ihre Entscheidung sei bereits „sicher“. Bei Macron sind es erst 48 Prozent, die ihre Präferenz als unumstößlich betrachten.

Macron, der bisher trotz oder vielleicht auch wegen ziemlich hohl wirkender Auftritte punktete, könnte bei der ersten TV-Debatte der Kandidaten Montag-Abend, auch erstmals eine schwere Bewährungsprobe bestehen müssen. Die Gefahr für Macron besteht darin, dass er durch seine Unternehmerfreundlichen Reformvorhaben einen Teil der Linkswähler derartig vergrämt, dass sie sich bei einer Stichwahl zwischen ihm und Le Pen enthalten würden – und dann könnte es wirklich knapp werden.

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