Erdbeben in Kroatien: Petrinja wird wieder aufgebaut

Erdbeben in Kroatien: Petrinja wird wieder aufgebaut
Die Stadt wurde Ende Dezember von einem Erdbeben erschüttert. Jetzt kehrt die Hoffnung zurück – auch dank der KURIER-Leser.

Der junge Radiodirektor steht im weißen Baucontainer und spricht zur halben Stunde die lokalen Nachrichten in sein Studiomikrofon. Mario Gršić wird sich danach nicht über seinen neuen, improvisierten Arbeitsplatz beklagen. Er ist einfach froh, dass Petrinjski Radio wieder senden kann.

Erdbeben in Kroatien: Petrinja wird wieder aufgebaut

„Wir sind die zweitälteste lokale Radiostation im Land“, erzählt Redakteurin Slađana Marković. „Schon seit 76 Jahren versorgen wir unsere Nachbarn mit Neuigkeiten. In den 76 Jahren waren wir nur drei Tage nicht on air. Das war ausgerechnet nach dem Erdbeben im Dezember.“

Die Journalistin, die ihren Beruf mit Herzblut betreibt, arbeitet gerade im zweiten Container an ihrem neuen Beitrag. Der Container stand bis vor Kurzem auf einem Campingplatz am Ossiacher See. Wo noch im Vorjahr Kunden der steirischen Firma Gebetsroither ihren Urlaub verbracht haben, werkt heute die Redaktion des Senders.

Der Liezener Touristiker Harald Gebetsroither hatte sich im Jänner spontan dazu entschieden, die Hilfsaktion des KURIER zu unterstützen. Sechs vormalige Miet-Wohncontainer stehen heute hier in Petrinja, jener Kleinstadt in Mittelkroatien, die besonders stark vom Erdbeben in Mitleidenschaft gezogen wurde.

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Fast 200.000 Euro

Auch die KURIER-Leser haben unmittelbar nach dem Beben geholfen: Fast 200.000 Euro kamen bis dato zusammen. Mit ihren Spenden, die an die Caritas gingen, hat die kroatische Hilfsorganisation etliche Baucontainer kaufen und anliefern können. Diese haben speziell in den ersten Wochen des Jahres, in denen ein strenger Winter den Bewohnern im Erdbebengebiet besonders zusetzte, weitere menschliche Dramen verhindert.

Im Container wohnt bis auf Weiteres auch Familie Pejić. Ivona, sie ist mit ihren elf Jahren die zweitälteste Tochter, eröffnet: „Hier habe ich weniger Angst als in unserer Schule.“ Mutter Nikolina berichtet von traumatischen Erfahrungen in jenen Augenblicken, als viele Menschen in Petrinja meinten, dass nun gleich die ganze Stadt in sich zusammenbrechen würde.

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Der Container sei für ihre Familie eine hilfreiche Übergangslösung, sagt die Frau. Dann zeigt sie auf den Grund dahinter: „Mein Mann und ich haben vor, hier zu bauen. Allerdings erst, wenn sich die Erde in Petrinja wieder einigermaßen beruhigt.“ Nur wenige Stunden zuvor gab es erneut drei Erdstöße jenseits der 4,0 auf der Skala, die hier inzwischen jedes Kind kennt.

Man habe bisher knapp 200 Container angeschafft, berichtet Ana Radić von der örtlichen Caritas. Jeder Euro, der gespendet wird, sei gut investiert. Trotz der Nähe zur Hauptstadt Zagreb zählt die Region zu einer der strukturschwächsten in Kroatien. Das Erdbeben hat die Abwanderungstendenzen noch weiter beschleunigt. Ana Radić sagt: „In den vergangenen Wochen sind mehr als 3.000 Menschen weggegangen. Sie kommen wohl nie wieder zurück.“

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Viele, die in der 25.000-Einwohnerstadt durch das große Beben ihre Wohnung verloren haben, sind bis auf Weiteres in einem der Containerdörfer untergebracht.

„Ihre Perspektive ist nicht leicht zu ertragen“, weiß die Psychologin Marija Juzbašić, die für das Rote Kreuz in Petrinja regelmäßig im Einsatz ist. „Ältere Bewohner klagen, dass sie sich einsam fühlen. Jüngere machen sich indes berechtigte Sorgen um ihre Zukunft. Alle haben sie Angst vor weiteren Erdbeben.“

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Das Rote Kreuz leistet viel psychologischen Beistand, so Juzbašić. Man unterstütze die Opfer der Naturkatastrophe dank der KURIER-Hilfsaktion auch mit Bargeld und Sachspenden. Mithilfe der Roten Nasen gelingt es wiederum, den Kindern und ihren Eltern in schwierigen Stunden auch ein Lächeln zu schenken.

Für den Schauspieler und Comedian Tomislav Curković ist es Ehrensache, als leicht debiler „Primarius Dibidus“ sein Publikum hier auf andere Gedanken zu bringen: „Es gab und gibt viel großartige Solidarität. Dazu möchte ich auch einen Teil beitragen.“

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Viel Holz für die Bauern

Und auch die Salzburgerin Doraja Eberle hilft wieder einmal zielgerichtet. Mit ihrer Initiative „Bauern helfen Bauern“ hat sie seit dem Ende des YU-Kriegs mehr als 1.260 Holzhäuser für Obdachlos-Gewordene in Bosnien und in Kroatien errichten lassen.

Ein Dutzend Unterkünfte wurden nach dem Beben in der Einschicht um Petrinja fertig, zig weitere sind geplant. Über den Vorteil ihrer Häuser erklärt die ehemalige Politikerin: „Sie sind kaum teurer als Container, bieten aber mit 58 mehr Platz.“

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An der Hilfsaktion des KURIER haben sich dank der Vermittlung durch die Wirtschaftskammer auch einige in Kroatien tätige österreichische Unternehmen beteiligt. Neben des im Tourismus aktiven Familienbetriebs Gebetsroither hat die Grazer Merkur-Versicherung einen Container gespendet und darüber hinaus Gratisleistungen in ihrer Zagreber Privatklinik angeboten.

Container gespendet haben auch die Baufirma Swietelsky sowie der Immobilienprojektentwickler Teichmann & Compagnons.

Auf eigene Initiative hat man sich auch bei Raiffeisen entschlossen zu helfen. „In Petrinja werden wir uns als Bank an der Sanierung des Kindergartens aktiv beteiligen“, berichtet Ivan Tolić, Sprecher der Raiffeisenbank Hrvatska.

Teilweise beträchtliche finanzielle Hilfe gab es unter anderem auch von der Erste Bank, A1, der Uniqa-Versicherung, der Lebensmittelkette Spar, Supernova, Cargo Partner und der Drogeriekette dm. Der Valamar-Konzern hat Hotelzimmer für Erdbebenopfer geöffnet, die Baufirma Strabag hat indes Maschinen und Bautrupps für Räumarbeiten zur Verfügung gestellt.

Damit ist die erste, die Akutphase der Hilfeleistung so gut wie abgeschlossen. Doch der Wiederaufbau wird die Bewohner in Petrinja, Sisak, Glina und all den Dörfern rundum noch viele Jahre beschäftigen. So müssen etwa im Stadtzentrum von Petrinja alle historischen Gebäude abgerissen werden. Bisher wurde diese Aufgabe noch nicht einmal richtig begonnen. Darüber hinaus dürfen viele Bauernhäuser und Ställe am Land nicht mehr betreten werden.

Die Caritas und das Rote Kreuz lassen ihre Spendenkonten aus gutem Grund noch eine Zeit lang offen.

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Gemeinsam stark: Der KURIER kooperiert bei seiner Spendenaktion mit den beiden Hilfsorganisationen Rotes Kreuz und Caritas. Darüber hinaus unterstützen erfahrene Mitarbeiter des AußenwirtschaftsCenter Zagreb der Wirtschaftskammer (WKÖ) die Aktion mit ihrer in Kroatien erworbenen Expertise.

Caritas: Kennwort: „Kroatienhilfe KURIER“. Der IBAN des Spendenkontos der Caritas lautet: AT23 2011 1000 0123 4560

Rotes Kreuz: Kennwort: „KURIER Erdbebenhilfe Kroatien“.  Der IBAN des Rot-Kreuz-Spendenkontos lautet: AT57 2011 1400 1440 0144

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