"Afrikanische Regierungschefs fragen mich: Wo bleibt ihr Europäer?"

"Afrikanische Regierungschefs fragen mich: Wo bleibt ihr Europäer?"
Die Corona-Pandemie lässt sich nur global besiegen, der Klimawandel nicht ohne Afrika als Partner bekämpfen, sagt der deutsche Entwicklungsminister Gerd Müller.

Wer Gerd Müller in Suchmaschinen eingibt, landet nicht zuerst beim Politiker, sondern bei der Fußballikone. Dem CSU-Mann aus Bayern hat’s nicht geschadet, der Namensvetter öffnet Türen. Und als Minister für Entwicklungszusammenarbeit ist der 64-Jährige viel in der Welt unterwegs – außer es bricht ein Virus aus.

KURIER: Herr Minister, Sie dürfen derzeit nicht reisen, ich erreiche Sie in Bayern. Wie erleben Sie die Corona-Krise?

Gerd Müller: Bedrückend und mit Bewunderung was viele leisten. Während der Woche bin ich in Berlin, aber zu Hause im Wahlkreis Oberallgäu, Lindau und Kempten, bekomme ich die Krise vor Ort mit: Hoteliers, Busunternehmen, die vor dem Aus stehen. Für Deutschland wie Österreich geht es um Hunderttausende Arbeitsplätze, der Tourismus hat mehr Beschäftigte als die Automobilbranche.

Beim Werben um Urlauber hatte man zuletzt das Gefühl, die Länder konkurrieren.

Wir stehen nicht in Konkurrenz und sollten uns auf beiden Seiten der Grenze, die für mich keine mehr ist, auf gemeinsame Standards und ein gemeinsames Vorgehen einigen. Die meisten werden dahinfahren, wo sie immer gerne hinfahren. Wir werden eher das Problem haben, dass bei beschränkten Kapazitäten aufgrund von Abstands- und Hygieneregeln nicht alle einen Platz bekommen können.

Zuletzt festigte sich der Eindruck, dass in der EU jeder auf sich schaut. Es wurden nationale Maßnahmen getroffen, selbst beim Wiederaufbauprogramm war man sich uneinig.

Österreich und Deutschland sind vergleichsweise gut durch die Krise gekommen. Jetzt ist die Stunde Europas. Es ist legitim zu diskutieren, ob das EU-Wiederaufbauprogramm auf Krediten basieren soll oder auf Beihilfen. Wir dürfen dabei aber nicht vergessen, ein starkes Zeichen der Solidarität zu setzen in Richtung Italien, Spanien und Frankreich. Sie sind am heftigsten betroffen. Der wirtschaftliche Einbruch wird dort größer sein als bei uns.

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