Einigung wäre Ashtons erster großer Erfolg

Zu zögerlich, zu zurückhaltend – die Bilanz Catherine Ashtons fällt bisher mager aus.

Die Kamera läuft, gleich wird Tomislav Nikolic, neuer Präsident Serbiens, aus dem Lift steigen. Catherine Ashton eilt dorthin, dreht sich plötzlich um und ruft: „Mein lieber Gott! Jemand muss mit mir kommen – ich weiß nicht, wie er aussieht!“ Und noch einmal, ganz laut: „Weiß irgendjemand, wie er aussieht?“

Der Fauxpas vom vergangenen Juni illustriert gleich mehrere Probleme der EU-Außenbeauftragten: Ihr Auftreten passt oft zum Image als Fehlbesetzung. Das verdeckt ihre Erfolge, man übersieht, dass auch andere an ihrer Stelle gescheitert wären. Wie viele EU-Kommissare Nikolic in der Woche nach seiner Wahl wohl erkannt hätten?

Schon Ashtons Bestellung 2009 war ein Gemurkse: Eine sozialdemokratische Britin sollte es sein, das schränkte die Auswahl ein. Es wurde Ashton, weitgehend unbekannt, außenpolitisch unerfahren. Gewünscht hatte man sich seit Langem einen echten EU-Außenminister. So bekam man nicht die Stimme Europas – sondern noch eine, und zwar eine leise.

„Ich hätte mir erwartet, dass sie stärker auftritt und öfter sagt, was sie selbst will – anstatt nur Vermittlerin zwischen 27 Staaten zu sein“, sagt die Grüne EU-Abgeordnete Ulrike Lunacek. „Ashton ist oft zu zögerlich.“ Ein Vorwurf, den man oft hört, wenn es um Ashton geht.

Gelobt wird sie hingegen für ihre Vermittlerrolle im Kosovo-Konflikt. Eine historische Einigung wäre Ashtons größter Erfolg – und der sichtbarste.

Denn auf der Habenseite hat sie auch etwas, das außerhalb Brüssels noch kaum wahrnehmbar ist: den Aufbau des Europäischen Auswärtigen Dienstes. „Eine Sisyphus-Arbeit“, sagt Lunacek, „die diplomatischen Kulturen der Kommission, des Rates und der Staaten unter einen Hut zu bringen.“

Mängel im System

Das wahre Problem, sagen Diplomaten, sei auch nicht die Person Ashton, sondern das System: Die EU-Staaten wollen ihre Außenpolitik nicht nach Brüssel abgeben. Siehe Mali, wo Frankreich voranmarschierte. Siehe Syrien, wo nur England den Rebellen längst Waffen liefern will. „Da würden viele scheitern“, sagt ein österreichischer Diplomat, „nur würden sie dabei lauter sein.“

In Brüssel plant man schon für Ashtons Nachfolger. Die sollen zwei Stellvertreter haben und mehr Kompetenzen. Außenhandel, Entwicklungszusammenarbeit und Nachbarschaftspolitik müssten „mehr ein Ganzes werden“, sagt Außenminister Michael Spindelegger.

Ashton selbst hat ihren Rückzug mit Ende 2014 schon angekündigt: „Es gibt Leute, die mit dem Amt Dinge machen können, die ich vermutlich nicht könnte.“

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