EU

Ein Moderator mit Kämpferqualitäten aus Danzig

Donald Tusk will als neuer EU-Ratspräsident die Union zu mehr Einigkeit führen.

Wir brauchen Leadership und eine politische Einheit", beschwört Donald Tusk bei seiner Antrittsrede als EU-Ratspräsident am Montag in Brüssel. Der ehemalige polnische Premier kann nun im neuen Amt diese Einigkeit vorantreiben. "Wenn mein Nachfolger ein zu großes Ego hat, dann kann er scheitern", warnte kürzlich sein Vorgänger Herman Van Rompuy. Man müsse zuhören.

Als politischer Egomane ist der Danziger auf EU-Ebene noch nicht aufgefallen, im Gegenteil – nachdem Polen unter der rechten Kaczynski-Regierung Brüssel mit anti-europäischer Bockigkeit verstört hatte, machten der Liberale und seine Partei "Bürgerplattform" den Eindruck eines verlässlichen Partners.

Der Spiegel vergangener Woche sah ihn als Äquivalent zu Kanzlerin Angela Merkel, die ihn auch entscheidend unterstützte. "Proeuropäisch sei er, pragmatisch und fähig zum Einklang sowie skeptisch gegenüber Ideologien", lobte das Nachrichtenmagazin Tusk, der sich als Angehöriger der Minderheit der Kaschuben bezeichnet.

Konfrontationen

Doch mit dem 57-Jährigen stehen auch Konfrontationen ins Haus. Im Gegensatz zum feingeistigen Van Rompuy wurde Tusk nicht nur durch seine akademische Laufbahn geprägt. Schauplätze seiner Sozialisation waren auch die Danziger Hinterhöfe, wo er sich als harter Fußballspieler durchsetzte. Seine 80er-Jahre waren vom Kampf der Gewerkschaft Solidarnosc ("Solidarität")um mehr Mitbestimmung, aber auch um das schlichte Überleben geprägt.

Als junger Mann reinigte er Industrieschornsteine, um seine Familie durchzubringen, da er als Gewerkschafter von höheren Posten ausgeschlossen war. Wenn er auch als Liberaler gilt, so ist er weiterhin mit der Gewerkschafts-Idee der "Solidarität" verbunden. Sie stellt für ihn das Fundament von Europa dar. Hier hat Tusk Anwandlungen von Sendungsbewusstsein, die ihn in Konflikt mit seinem Amt bringen können.

Die Solidarität bezieht sich für Tusk auch auf die Energiepolitik. Ihm schwebt ein Einkauf von Energie auf EU-Ebene sowie eine Energie-Union vor. Zudem sei die EU – ähnlich wie die NATO – einem Mitglied zur Energie-Solidarität verpflichtet, sollte es von einem Energielieferanten (Russland) blockiert werden. Es wird sich bald zeigen, inwieweit Tusk auf Vermittlung oder auf "Leadership" setzt.

Der EU-Ratspräsident

Schwierige Rolle: Der Präsident des Europäischen Rates soll die EU nach außen und da vor allem in außen- und sicherheitspolitischen Fragen vertreten. Unklar bleibt allerdings die Trennung dieser Rolle von jener des Kommissionspräsidenten.

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