Die Frage nach dem Danach: Ein Drittel der Ukraine-Flüchtlinge will in EU bleiben

Die Frage nach dem Danach: Ein Drittel der Ukraine-Flüchtlinge will in EU bleiben
Die EU verlängert das Aufenthaltsrecht für Ukraine-Geflüchtete um ein Jahr. NGOs fordern, ihren Status endlich zu klären.

In Sicherheit und erleichtert, aber mutlos und traurig. So in etwa fühlt sich, wenn man den Umfragen unter 15.000 ukrainischen Flüchtlingen in der EU glaubt, die Hälfte der nach Europa geflüchteten Ukrainer. Rund fünf Millionen sind in den Staaten der Union gelandet.

Zumindest eine Sorge kann ihnen vorerst genommen werden. Kommende Woche wird das Aufenthaltsrecht aller in der EU aufgenommenen Ukrainer um ein weiteres Jahr verlängert. Die EU-Kommission wird den 27 Justizministern am Donnerstag die Fortsetzung der sogenannten Massenzustromlinie vorschlagen. Gibt es dagegen keinen Widerstand – und nichts sieht danach aus – gilt die Verlängerung bis März nächsten Jahres als angenommen.

In Österreich wurde das temporäre Aufenthaltsrecht bereits Ende Jänner bis 4. März 2024 verlängert. Alle Personen, die in Österreich als Vertriebene aus der Ukraine registriert sind und über einen aufrechten Wohnsitz verfügen, erhalten automatisch einen neuen Ausweis mit verlängertem Gültigkeitsdatum.

Ohne viel Bürokratie

Bereits wenige Tage nach der russischen Invasion in die Ukraine, Ende Februar des Vorjahres, hatten sich alle EU-Staaten darauf geeinigt, erstmals von der Massenzustromrichtlinie Gebrauch zu machen: Die Ukraine-Flüchtlinge erhielten so schnellen und unbürokratischen Schutz, das Recht im Fluchtland ihrer Wahl zu bleiben und Zugang zu Jobs, Schulen und medizinischer Versorgung. Andernfalls hätten sich die Ukrainer nur 90 Tage lang ohne ein Visum in der EU aufhalten können.

Mehr als 1,6 Millionen Menschen fanden allein in Polen Zuflucht, über eine Million in Deutschland. In Österreich leben derzeit rund 80.000 Flüchtlinge aus der Ukraine, der Großteil davon Frauen und Kinder. Pro Kopf gerechnet hat Tschechien die meisten Geflüchteten aus der Ukraine aufgenommen.

Arbeitsmarkt-Zugang wird leichter

Knapp ein Drittel der Ukrainer im erwerbsfähigen Alter haben in Österreich bereits einen Job gefunden. Ab April soll zudem ihr Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtert werden: Dann können sie ohne Beschäftigungsbewilligung durch das AMS jede Arbeit annehmen, auch Zeitarbeit. Dieser Schritt stellt die Flüchtlinge EU-Bürgern auf dem Arbeitsmarkt gleich.

Doch je länger der Krieg dauert, umso wichtiger werden die Zukunftsperspektiven: Für immer bleiben oder wieder zurückgehen? „Wir brauchen wirksame, langfristige Maßnahmen, die es den Gastländern und den Vertriebenen ermöglichen, die Turbulenzen zu bewältigen, die dieser Krieg mit sich gebracht hat“, meint Michael O'Flaherty, Direktor der EU-Agentur für Grundrechte mit Sitz in Wien. Die Agentur hat in einer europaweiten Umfrage ermittelt: Ein Drittel der Geflohenen will wieder zurück. Ein Drittel hat sich noch nicht entschieden. Der Rest will bleiben.

Rufe nach Status-Klärung

Erfahrungsgemäß, so berichten Migrationsexperten, steigt der Anteil jener, die in eine neue Heimat finden, je länger der Krieg dauert. Umso dringender werden die Rufe von Menschenrechtsorganisationen, den künftigen Status der Ukraine-Vertriebenen dauerhaft zu klären. Ein befristetes Aufenthaltsrecht reiche nicht mehr. Dass sich die Frage nicht mehr aufschieben lässt, wurde auch im Innenministerium in Wien vernommen: Noch im ersten Halbjahr will Innenminister Gerhard Karner „ergebnisoffen“ klären, welchen Status Ukraine-Flüchtlinge künftig haben sollen.

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