Doskozil: Soldaten nach Griechenland oder Serbien

Hans Peter Doskozil
Minister bei EU-Rat in Amsterdam. Heftige Kritik von Grünem Pilz.

Der neue Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil, der beim informellen EU-Verteidigungsministerrat in Amsterdam derzeit seine Premiere auf dem internationalen Politparkett hat, besprach heute die Lage auf der Balkan-Flüchtlingsroute. Im Rahmen der Zentraleuropäischen Verteidigungskooperation (CEDC) will er nun eine stärkere Grenzsicherung auf der Balkan-Route vorantreiben. Österreich werde als Vorsitzender dieser Kooperation ein Treffen auf März vorziehen, sagte Doskozil nach Beratungen mit seinen EU-Kollegen in Amsterdam gegenüber der APA.

Die CEDC ist eine informelle Plattform für mehr Zusammenarbeit in den Bereichen Sicherheits- und Verteidigungspolitik aus Österreich, Kroatien, Slowenien, Ungarn, Tschechien und der Slowakei. Doskozil kündigte an, dass auch Mazedonien und Serbien an dem Treffen im März teilnehmen werden. Doskozil will den Weg für eine zivil-militärische Mission zum Grenzschutz und zur Errichtung von Hotspots zur Flüchtlingsregistrierung bahnen. Die Reaktion Mogherinis sei "keinesfalls ablehnend" gewesen, es gebe aber von ihr auch keine formelle Zusage.

Der Verteidigungsminister hält es für möglich, dass Bundesheer-Soldaten in Griechenland, Serbien oder Mazedonien eingesetzt werden. Doskozil verwies auf die laufende Initiative der EU-Grenzschutzagentur Frontex, welche den Aufbau der Hotspots zur Flüchtlingsregistrierung in Griechenland und Italien forcieren soll. Frontex sei auch dabei, einen operativen Grenzschutz aufzubauen. Österreich habe 100 Mitarbeiter angeboten, davon 50 aus dem Verteidigungsressort, "das sind zum überwiegenden Teil Soldaten", sagte der Minister. "Die sind schon mehrere Wochen abrufbereit und wurden leider Gottes bis dato nicht abgerufen", beklagte Doskozil.

Auch eine gemeinsame Sitzung mit den EU-Außenministern stand auf dem Programm, mit dabei Sebastian Kurz. Auch dieser plädierte in Amsterdam für eine stärke Zusammenarbeit europäischer Länder zum Grenzschutz mit Mazedonien und Serbien. Kurz hält drei Varianten einer solchen Kooperation für möglich. Die kleinste wäre bilateral, die größte europäisch, die mittlere wäre, dass sich einige Staaten zusammentun. In Schweden und Slowenien gebe es eine ähnliche Stimmung wie in Österreich und ein Interesse an einer solchen Kooperation. "Die letzte Chance für uns ist es, die Flüchtlinge an der österreichischen Grenze zu stoppen." Ein früherer Stopp wäre im Sinne Österreichs. Bisher erfülle die Türkei nicht die in sie gesetzten Erwartungen zur Reduzierung der Flüchtlingszahlen, so Kurz.

Pilz: "Schnapsidee"

Heftige Kritik an Doskozils Vorschlag kommt prompt vom Grünen Sicherheitssprecher Peter Pilz: Grundwehrdiener wären für einen Flüchtlingseinsatz an der Grenze "völlig ungeeignet", die Überlegung, das Bundesheer nach Griechenland zu schicken, sei eine "Schnapsidee", so Pilz am Freitag bei einer Pressekonferenz.
Überhaupt ist Pilz mit der Performance der Regierung in der Flüchtlingskrise alles andere als zufrieden: Wie ein Blick auf die Daten des "World Food Programme" zeige, habe Deutschland heuer schon fast 120 Mio. US-Dollar locker gemacht, aber "Österreich null - immer dasselbe". Hilfe vor Ort sei das wichtigste, betonte Pilz, und das System der jordanischen staatlichen Flüchtlingshilfe sei längst an den Kapazitätsgrenzen angelangt. Tausende versuchten, nach Europa zu kommen, "weil sie vor Hunger flüchten".

27 Cent, das "Flaschenpfand"

Die Bundesregierung wüsste das seit Jahren, Ansagen, man müsse vor Ort helfen, seien aber "leeres Geschwätz", wetterte Pilz. Die Regierung sollte dem WFP zumindest 27 Cent überweisen, findet der Grüne Abgeordnete: "Das ist das Flaschenpfand für Kurz, das Flaschenpfand für Doskozil und das Flaschenpfand für Mikl-Leitner."

Doskozil: Soldaten nach Griechenland oder Serbien
Waffenlieferung statt Lebensmittel in Krisenregionen?
Neben Außenminister Kurz und Innenministerin Mikl-Leitner schoss er sich besonders auf den neuen Chef des Bundesheers ein: Eine temporäre Verlängerung des Grundwehrdienstes zur Bewältigung der Flüchtlingskrise hält Pilz für "Quatsch". Es sei überhaupt "völlig sinnlos", Grundwehrdiener an die Grenze zu stellen, lernten diese doch ohnehin nur "Kloputzen, Erdäpfelschälen und Offiziere bedienen". Im Bundesheer heißt es, dass es sich um Planungsvarianten handle, die aus heutiger Sicht nicht notwendig sind, da man den Einsatz auch mit Berufssoldaten noch aufstocken könnte.

Auch Doskozils Überlegung, Bundesheer-Angehörige zur Sicherung der EU-Außengrenze nach Griechenland schicken, findet bei Pilz keinen Anklang. "Ich halte das alles für groben populistischen Unfug", weshalb er den Nationalen Sicherheitsrat einberufen lassen werde, erklärte der Abgeordnete. Dort will er auch angebliche österreichische Waffenlieferungen in Kriegsgebiete thematisieren. Weiteres Thema werde ein "vernünftiger" Grenzschutz sein, wo sich Pilz eine ordentliche Registrierung der Ankömmlinge inklusive Fingerabdrücken wünscht.

Die Kritik des Grünen Sicherheitssprechers reichte auch über die Landesgrenzen hinaus: Er sei dafür, auch beim Budget der EU anzusetzen, um Österreich zu entlasten. Man müsse Warschau und Budapest klarmachen, dass es nicht in Stein gemeißelt sei, dass sie Budget "aus unserem Steuergeld" bekommen und "wir alle Flüchtlinge".

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