Die Sorgen der Oligarchen in Londongrad

Die Sorgen der Oligarchen in Londongrad
Nicht nur für Abramowitsch, auch für andere Oligarchen könnte es in Großbritannien finanziell eng werden

„Geld-Waschmaschine“ ist ein Wort, das man eher in einer Boulevardzeitung vermuten würde als in einem offiziellen Papier des britischen Parlaments. Doch dessen außenpolitischer Ausschuss lässt in seinem Bericht „Moskaus Gold: Russische Korruption in Großbritannien“ an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig. London sei schlicht eine Hochburg für die „Vermögen russischer Oligarchen mit Beziehungen zum Kreml“. Das, so die Schlussfolgerung, sei Teil einer umfassenden politischen Strategie Moskaus und habe „schwerwiegende Folgen für die nationale Sicherheit Großbritanniens“.

Erster Rausschmiss

Die konservative Regierung von Theresa May ist seit der Vergiftungs-Affäre rund um den russischen Doppelagenten Sergej Skripal ohnehin unter Druck, etwas gegen die russischen Machenschaften auf der Insel zu tun. Nun hat man erstmals ein Exempel statuiert – mit einem ausgesprochen prominenten Opfer. Roman Abramovitsch, Multimilliardär mit besten Kontakten zum Kreml, bekam keine Verlängerung seines britischen Visums. Der Besitzer des Fußballklubs Chelsea, der seit Jahren mit seinem extravaganten Lebensstil in Londons bestem Viertel Kensington Futter für die britische Presse liefert, reagierte allerdings rasch. Als Sohn jüdischer Eltern hat er Anspruch auf einen israelischen Pass – und den holte er sich umgehend.

Doch das Beispiel Abramovitsch könnte Schule machen. Schließlich sind es gerade die reichsten Russen, die sich ihren Aufenthalt in Großbritannien mit einer Investition von mindestens zwei Millionen Pfund (2,1 Mio. €) erkauft und London so den Spitznamen „ Londongrad“ eingetragen haben. Diese „goldenen Visa“ sollen jetzt nicht mehr einfach verlängert werden. Schon zu Jahresbeginn hatten die britischen Behörden begonnen, strengere Regelungen zur Betrugsbekämpfung einzuführen. So sollen „Vermögen ungeklärter Herkunft“ schon ab 50.000 Pfund beschlagnahmt werden. Umfassende Anti-Geldwäsche-Gesetze werden bereits in den Ausschüssen des Parlaments in London ausgearbeitet.

„Nicht ansässig“

Bisher allerdings haben Großbritannien und seine Banken russischem Geld bereitwillig rechtliche Schlupflöcher geöffnet. Britische Medien deckten wiederholt auf, dass beim Kauf von Luxusimmobilien die Herkunft des Geldes, das oft tatsächlich bar übergeben wurde, die Geldinstitute nicht kümmerte.

Dass die neuen Villenbesitzer auch steuerlich vom britischen Staat nicht allzu sehr belangt wurden, garantierte ihnen der Status als „nicht ansässige“ Bewohner. Die genießen im Großbritannien quasi Steuerfreiheit und mussten dafür einfach einen Wohnsitz in einem anderen Land nennen: Eine Formalität, die zu erfüllen den Russen nicht schwer fiel. Viele Londoner Banken hatten für solche schwergewichtigen Kunden ganze Komplettpakete im Angebot. Die Luxusimmobilien wurden ebenso wie der Rest des Vermögens in Briefkastenfirmen geparkt, vorzugsweise in britischen Offshore-Gebieten wie den Cayman-Inseln.

Mit all dem werde Schluss gemacht, verspricht die Premierministerin: „Für Verbrecher und korrupte Eliten gibt es keinen Platz mehr.“ Ganz ähnlich auch Außenminister Boris Johnson, der Russland derzeit ständig attackiert. So verglich er die Fußball-Weltmeisterschaft in Russland mit den Olympischen Spielen in Nazi-Deutschland 1936. Derselbe Boris Johnson allerdings rang sich vor einigen Jahren noch ein paar Brocken Russisch ab, um die Oligarchen persönlich zu begrüßen.

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