Die EU-Gipfel-Einigkeit endete beim Brexit-Deal

Die EU-Gipfel-Einigkeit endete beim Brexit-Deal
Ärger über Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und anschwellender Streit ums EU-Budget.

Für Gefühlsausbrüche in der Öffentlichkeit ist Österreichs Übergangskanzlerin nicht gerade bekannt. Wenn von Brigitte Bierlein beim EU-Gipfel in Brüssel also ein „das ist sehr bedauerlich“ zu hören war, war der Ärger also offenbar recht groß.

Der Unmut der Kanzlerin sowie der fast aller anderen EU-Staats- und Regierungschefs galt Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron. Denn der französische Präsident ließ sich während des bis Freitag, zwei Uhr früh, andauerenden Gipfeltreffens nicht umstimmen:

Macron bleibt beim Nein

Frankreich bleibt bei seinem kategorischen Nein zum Start von EU-Beitrittsgesprächen mit Nord-Mazedonien und Albanien. Beide Staaten seien einfach noch nicht so weit, behauptet Macron. Und überhaupt müsste das gesamte Verfahren, wie neue EU-Mitglieder aufgenommen werden, völlig anders aufgestellt werden. Und weil sich Frankreich querstellt, kann die EU nicht handeln: Beschlüsse über beginnende Beitrittsgespräche können in der EU nur einstimmig gefasst werden.

„Beide Länder haben Erhebliches geleistet“, hielt Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel der französischen Skepsis entgegen, „und man kann nicht kommen und ständig etwas Neues fordern. Wir müssen als EU auch verlässlich sein.“ Verärgert reagierte auch der – noch bis Ende November – für die EU-Erweiterung zuständige EU-Kommissar Johannes Hahn. Er warf den EU-Staats- und Regierungschefs vor, daran gescheitert zu sein, ihre Zusagen zu erfüllen. Der künftige EU-Budget-Kommissar aus Österreich hat sich stets dafür stark gemacht, den beiden Balkanländern grünes Licht zu geben.

Einig nur beim Brexit

Überhaupt endete der Herbst-Gipfel der EU mit dem trüben Eindruck, dass sich die EU-Staats- und Regierungschefs bei kaum einem Thema – Brexit ausgenommen – einig werden konnten. Kaum hatten sie Donnerstag einhellig das ausgehandelte Brexit-Abkommen abgenickt, begann das heftige Diskutieren – über die EU-Erweiterung, über die „Militäroffensive“ der Türkei in Syrien (das Wort „Invasion“ wird streng vermieden) und über das große europäische Budget.

Loch im Budget

Beim Vorfühlen, wie der EU-Haushalt für 2021 bis 2027 aussehen soll, stieg die Gesprächstemperatur gleich an. Völlig konträr laufen da die Vorstellungen von den Nettozahlern wie Österreich, den meisten anderen Staaten, der Kommission und dem EU-Parlament. Sicher ist nur: der Ausstieg Großbritanniens aus der EU wird ein massives Loch ins EU-Budget reißen.

Übergangskanzlerin Bierlein stellte gleich klar: „Eine kleinere EU sollte zu einem schlankeren Budget führen.“ Das bedeute, dass die Ausgaben der EU in der kommenden Haushaltsperiode nicht mehr als ein Prozent der gesamten EU-Wirtschaftsleistung übersteigen dürfen. Das fordern auch Deutschland, Dänemark, Schweden und die Niederlande.

Ganz anders aber sehen dies die meisten anderen EU-Staaten: Neue Aufgaben wie etwa der intensivere Kampf gegen die illegale Migration und gegen den Klimawandel machten mehr Mittel erforderlich. Der scheidende Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker plädierte bei seinem letzten EU-Gipfel an die EU-Staaten, den Vorschlag der Kommission zu akzeptieren. Der liegt bei 1,11 Prozent des BIPs der EU – das entspricht 1.135 Milliarden Euro. Von Journalisten nach den Erfolgen seiner Amtszeit gefragt, antwortete Juncker gewohnt launig: „Wenn wir hier über meine Erfolge und noch mehr über meine Misserfolge reden würden, wären wir morgen noch da.“

Ingrid Steiner-Gashi,

Brüssel

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