Deutschland wirbt weiter für "Armee der Europäer"

Karin Kneissl (li.) bei der Berliner Sicherheitskonferenz mit Ursula von der Leyen
Verteidigungsministerin von der Leyen fordert Fortschritte beim Aufbau der Armee, aus Österreich kommen vage Signale.

Kurz müssen sich die Teilnehmer der Berliner Sicherheitskonferenz gedulden, ein paar greifen zum Handy und googeln schon einmal die nächste Rednerin: Außenministerin Karin Kneissl. Sie führt noch schnell eine ungeplante Unterredung mit Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen, ehe sie sich ans Pult stellt. Ihr Besuch, der im Rahmen der EU-Ratspräsidentschaft angekündigt wird, fällt auch mit dem erneut eskalierenden Konflikt zwischen Russland und der Ukraine zusammen.

Mit Blick darauf sprach Kneissls Vorrednerin, Ursula von der Leyen, zuvor darüber, wie verletzlich die gemeinsamen europäischen Werte seien. Und forderte schnelle Fortschritte beim Aufbau einer europäischen Armee, denn europäische Militäreinheiten müssten in der Lage sein, „wenn nötig robust in Konflikte einzugreifen“. Der Weg dazu seien eine immer engere Verzahnung nationaler Streitkräfte, eine gemeinsame Beschaffung und Wartung von Militärgerät und schnellere politische Entscheidungen über nötige Einsätze.

Außenministerin Karin Kneissl ging darauf auch in ihrer Rede ein und sprach sich ebenfalls für von der Leyens Äußerungen zur „Armee der Europäer“ aus. Sie betonte die Kooperation der Streitkräfte, die nicht in Konkurrenz zur NATO stünden, sowie die „strategische Autonomie Europas“, das könne man unterschreiben. Sie wies daraufhin, dass Österreich aktiv an dieser Autonomie teilnehme und etwa die größte Nicht-NATO-Truppe im Kosovo stelle.

Ob Kneissls Worte nun auch als Zustimmung zur Armee zu bewerten sind? Auf KURIER-Nachfrage erklärte ein Sprecher des Außenamts, dass es ihr mehr um einen Hinweis gehe, dass Europa eigenständiger im Bereich von Sicherheit agiere bzw. um stärkere Kooperation bei Verteidigung und Rüstung – also keine konkrete Zusage zur europäischen Armee.

Dieser erteilte Verteidigungsminister Mario Kunasek (FPÖ) jedenfalls Tags zuvor eine deutliche Absage. Er schloss die Teilnahme Österreichs an der von Frankreich und Deutschland entworfenen Vision einer europäischen Armee aus. „Für Österreich als neutrales Land ist eine gemeinsame Armee kein Thema“, sagte Kunasek zur APA. Es brauche eine gemeinsame Kooperation, gemeinsame Ausbildungsebenen und Einsätze, aber keine „Armee, sondern einen Weg zu einer besseren Zusammenarbeit.“

Keine klare Aussage wollte Kneissl gestern auch zu möglichen Sanktionen gegen Russland treffen. „Alles hängt von der Sachverhaltsdarstellung ab und vom weiteren Verhalten der beiden Kontrahenten“, so die Ministerin bei einer Pressekonferenz mit ihrem Amtskollegen Heiko Maas (SPD). Maas, der ankündigte, mit Vertretern aus Russland, der Ukraine, Deutschland und Frankreich „an einer Lösung zu arbeiten“, bekam Stunden später eine Absage vom russischen Kollegen Sergej Lawrow: Die Behörden beider Länder könnten die Probleme selbst diskutieren.

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