Deutschland und Italien für EU-Mission an Libyens Südgrenze

Bilder aus Agadez, Niger: Von hier aus überqueren Flüchtlinge die Grenze zu Libyen.
Flüchtlinge sollen so gestoppt werden, bevor sie ihre Fahrt übers Mittelmeer antreten.

Deutschland und Italien fordern einen EU-Einsatz an der Südgrenze Libyens, um Migranten auf dem Weg nach Europa frühzeitig zu stoppen. Die bisherigen Maßnahmen zum Kappen der Flüchtlingsroute über das Mittelmeer reichten nicht, zitiert die Welt am Sonntag aus einem Schreiben von Innenminister Thomas de Maiziere und seinem italienischen Kollegen Marco Minniti an die EU-Kommission.

Die Unterstützung von Behörden und Bevölkerung an der libysch-nigrischen Grenze sei "das fehlende Stück", mit dem die bestehenden Bemühungen zur Reduzierung des Flüchtlingsandrangs an der libyschen Küste und im Niger miteinander verbunden werden könnten. Ziel sei, "so schnell wie möglich" eine EU-Mission einzurichten, um den Unterstützungsbedarf vor Ort zu ermitteln.

Die Brüssel Behörde bestätigte am Sonntag den Eingang des Briefs. Die EU setzt bisher vergeblich darauf, über eine enge Partnerschaft mit der "Einheitsregierung" des in mehrere Machtzonen zerfallenen Krisenstaates Libyen die Überfahrten von Afrikanern nach Europa zu bremsen. Nach Angaben der Vereinten Nationen kamen dieses Jahr schon mehr als 43.000 Menschen auf der Route nach Italien, mehr als 1.150 verloren bei der gefährlichen Überfahrt ihr Leben. Auf die Südgrenze zu Tschad, Niger und Sudan hat die Einheitsregierung in Tripolis keinen direkten Zugriff.

"Die ersten Monate dieses Jahres haben gezeigt, dass unsere bisherigen Maßnahmen unzureichend sind", schreiben de Maiziere und Minniti laut "Welt am Sonntag". "Wir müssen verhindern, dass Hundertausende Menschen, die sich in den Händen von Schmugglern befinden, erneut ihr Leben in Libyen und im Mittelmeer riskieren."

Migranten früh stoppen

Man könne die Lösung des Problems nicht einzelnen Ländern wie Italien überlassen, schreiben die Minister. "Das Ziel ist, schnellstmöglich eine EU-Mission an der Grenze zwischen Libyen und Niger aufzubauen." Damit würden Migranten gestoppt, bevor sie das von einem jahrelangen Bürgerkrieg zerrüttete Libyen erreichen.

Eine EU-Mission in Libyen wäre aber mit nicht unerheblichen Risiken behaftet. Denn der nordafrikanische Staat, von dem die meisten illegal reisenden Menschen auf dem Weg nach Europa in See stechen, erweist sich als sehr schwieriger Partner. Die EU arbeitet mit der von der UNO anerkannten sogenannten Einheitsregierung zusammen. Diese beherrscht aber nur kleine Teile des Landes, in dem bewaffnete Milizen und Terrorbanden rivalisieren.

Auch soll die Einheitsregierung nach französischen Angaben das UN-Waffenembargo unterlaufen, wie der "Spiegel" meldete. Die Regierung in Tripolis schmuggele vermutlich Waffen für befreundete Milizen oder islamistische Gruppen. Soldaten des EU-Marineeinsatzes "Sophia" hätten ein dafür genutztes Boot mehrfach gestoppt. Der italienische "Sophia"-Kommandant Admiral Enrico Credendino habe aber die Auffassung vertreten, das Boot genieße Immunität, weil es im Auftrag der Einheitsregierung fahre.

Der vor knapp zwei Jahren begonnene Marineeinsatz "Sophia" hat ausdrücklich den Auftrag, neben Menschenschleusern auch Waffenschmuggler zu stellen und das UN-Embargo durchzusetzen.

Der zuständige Auswärtige Dienst der EU wollte sich am Sonntag nicht zu den konkreten Informationen des "Spiegels" äußern. Eine Sprecherin erklärte lediglich, dass zur Durchsetzung des Waffenembargos im Rahmen von "Sophia" seit Juni vergangenen Jahres 497 Schiffe angerufen worden seien. In 46 Fällen hätten Kapitäne freiwillig Inspektoren an Bord gelassen, in zwei weiteren Verdachtsfällen sei man an Bord gegangen. "In einem Fall hat (Operation "Sophia") eine Waffenlieferung gefunden und beschlagnahmt", hieß es. Betroffen war demnach am 1. Mai das Schiff "El Mukthar" unter libyscher Flagge. Der "Spiegel" bezog sich indes auf ein anderes Boot namens "Al Luffy".

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