Deutschland stellt auf Krisenbetrieb um

Deutschland stellt auf Krisenbetrieb um
Die Regierung von Kanzlerin Angela Merkel will Grenzkontrollen mit weiteren Maßnahmen ergänzen.

In Berlin, wo man oft nicht mal erkennen kann, welcher Wochentag ist, sind an diesem Montag deutlich weniger Menschen unterwegs. Nachdem vor Tagen noch Clubs, Bars, Kinos geöffnet, und Lokale wie Parks voll waren, hat der Senat eine Vollbremsung eingelegt: Veanstaltungen ab 50 Personen sind untersagt, das Nachtleben steht still. Ebenso Freizeitanlagen, Museen, Kirchen, Fitness-Studios. Und nicht nur das: Wie in allen anderen Bundesländern sind die Schulen und Kindertagesstätten geschlossen.

Selbst im Kanzleramt hat sich einiges geändert: Die Sessel für die Pressekonferenz stehen fast zwei Meter auseinander - und ganz vorne am Pult Kanzlerin Angela Merkel. Der Krisenstab der Bundesregierung hat mit den Ministerpräsidenten der Länder an diesem Montag über weitere Maßnamen beraten. "Sie sind einschneidend", moderiert Merkel ein. Ihre Umsetzung obliege den Ländern und Kommunen. "Natürlich wird es Kontrollen geben", betonte die Kanzlerin. Sie hoffe, "dass es ein gewisses Einsehen der Menschen gibt." Es sei beispielsweise sinnlos, eine Schule zu schließen, wenn sich die gleichen Schüler dann woanders träfen.

Abgesehen davon sollen künftig keine Gottesdienste, Versammlungen bzw. Treffen von Vereinen stattfinden. Restaurants sollen frühestens ab 6.00 Uhr aufsperren und um 18.00 Uhr schließen. Weiter offen bleiben: Wochenmärkte, Lebensmittelmärkte, Lieferdienste, Apotheken, Drogerien, Banken und Sparkassen, Poststellen, Waschsalons, Tankstellen, Geschäfte für Haustierbedarf und der Großhandel. Sie sollen an Sonntagen verkaufen dürfen.

Kein bundesweiter "Katastrophenfall"

Anders als in Bayern will man bundesweit keinen "Katastrophenfall" ausrufen, erklärte ein Sprecher von Innenminister Horst Seehofer (CSU). Das Grundgesetz sehe das für den Bund nur im Spannungs- und Verteidigungsfall vor. "Diese Situation haben wir im Moment überhaupt nicht."

Damit wären auch mögliche Einschränkungen der Grundrechte verbunden, wie die Versammlungsfreiheit. Gleichzeitig könnten damit Behörden wie Verbände zu Hilfsmaßnahmen verpflichtet werden. Das ermögliche, kurzfristig Helfer zu rekrutieren. Zudem könnten die möglichen Öffnungszeiten für wichtige Geschäfte  verlängert werden. Von Ausgangssperren wird derzeit abgesehen, so der bayerische Ministerpräsident Markus Söder. Jeder solle sich aber überlegen, ob er nach draußen gehe und welche Kontakte er habe.

Eine Änderung, die alle Länderchefs mittragen und die seit gestern umgesetzt wird: Kontrollen an den Grenzen zu Frankreich, Dänemark, Österreich und der Schweiz. Reisende ohne triftigen Grund dürfen nicht mehr einreisen. Für Warenverkehr und Berufspendler gibt es Ausnahmen. An den Übergängen nach Luxemburg und Frankreich bildeten sich laut einem Sprecher der Bundespolizei zufolge erste Rückstaus.

Eine Änderung, die seit Montagfrüh bereits umgesetzt wird: Kontrollen an den Grenzen zu Frankreich, Dänemark, Österreich und der Schweiz. Reisende ohne triftigen Grund dürfen seit Montag nicht mehr einreisen. Für Warenverkehr und Berufspendler gibt es Ausnahmen. An den Übergängen nach Luxemburg und Frankreich bildeten sich einem Sprecher der deutschen Bundespolizei zufolge erste Rückstaus.

CDU-Vorsitzendensuche vertagt

Mit den steigenden Infektionszahlen (mehr als 4.000, 16 Menschen sind bisher an der Krankheit gestorben) hat sich in Deutschland auch der Fokus auf die politischen Debatten klar verschoben. Die CDU die eigentlich einen Nachfolger für Annegret Kramp-Karrenbauer suchen wollte, hat ihren Parteitag vertagt. Unklar ist, wie es weitergehen soll. Das sei gegenwärtig von geringer Bedeutung, erklärte Noch-Chefin Kramp-Karrenbauer in der Welt am Sonntag. "Angesichts der Corona-Lage ist das eine Frage, die die Menschen nicht interessiert. Ich führe meine Partei als Vorsitzende mit ganzer Kraft, bis der Nachfolger oder die Nachfolgerin gewählt ist." Für zwei der Bewerber, die das Wettrennen vor einigen Tagen wieder beleben wollten (Röttgen forderte erneut einen Mitgliederentscheid, Merz benannte die Leiterin seiner Bewerbungskampagne), hatte sie einen kritischen Rat parat: "Die Kandidaten, die sich für den Parteivorsitz bewerben, werden auch unter dem Gesichtspunkt betrachtet werden, ob sie kanzlerfähig sind. Jeder muss selbst entscheiden, welchen Fragen er Priorität einräumt."

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