Merz' Höhenflug hat einen Beigeschmack

Merz' Höhenflug hat einen Beigeschmack
Die CDU hat zwei wichtige Wahlen gewonnen. Parteichef Friedrich Merz bringt das seinem Traum vom Kanzleramt aber nicht näher: Er ist und bleibt Übergangskandidat.

Friedrich Merz lacht, eine gewisse Säuerlichkeit kann er aber nicht verbergen. Ob seine zwei jungen Wahlgewinner nicht eine Führungsreserve für die nächste Bundestagswahl seien, will ein Journalist wissen. In einem Wort: Kanzlermaterial?

Es ist die erste Frage, die der CDU-Chef nach dem Wahlsieg von Hendrik Wüst in Nordrhein-Westfalen gestellt bekommt. Dass die sich ausgerechnet um die Kanzlertauglichkeit Wüsts und die Daniel Günthers dreht, der eine Woche zuvor in Schleswig-Holstein 43,3 Prozent geholt hat, ist bezeichnend: Denn Merz will nichts anderes, als endlich Kanzler zu werden.

Kein Merz-Verdienst

Er, der die Partei im Dezember nach der desaströsen Niederlage von Armin Laschet übernommen hat, hat das erste Mal einen Höhenflug. Doch der hat einen bitteren Beigeschmack: So sehr die CDU in den Ländern auch reüssiert, so sehr sie die SPD mittlerweile in Umfragen wieder hinter sich lässt – Merz selbst wird dafür kaum bis gar nicht gewürdigt.

Woran das liegt? Zunächst an der Schwäche des Kanzlers. Dass die SPD nach dem Minus 16-Prozent-Debakel in Schleswig-Holstein in NRW das schlechteste Ergebnis seit 1945 eingefahren hat, liegt zu einem guten Teil am „Kanzlermalus“, den Scholz wegen seiner vagen Ukrainepolitik mitschleppt. Er „scholzt sich durch“, ätzt etwa die Bild – langsam werde es eng für ihn.

Der zweite Grund ist freilich Merz selbst. Er polarisiert auch ein halbes Jahr nach Amtsantritt in der eigenen Partei. Wäre die Wahl in NRW knapper ausgegangen, hätte es in der CDU ähnliche Führungsdiskussionen gegeben wie jetzt in der SPD. Schuld daran ist Merz selbst: Die zwei Lager der Partei, die alten Merkelianer und seine Anhänger, hat er bis heute nicht wirklich versöhnt.

Die Wahl des Klassisch-Konservativen, der manchen schon als Rechtsaußen galt, war zwar ein klarer Bruch mit der liberalen Ära Merkel; allerdings wirkte er auch wie ein Ermüdungsbruch. Merz schaffte es erst im dritten Anlauf und nach dem Wahldesaster im Herbst ins Amt.

Den Aufbruch aus der Lethargie der Merkeljahre, den er damals ankündigte, füllte er auch nicht mit Leben. Das mag an starren Strukturen der Union liegen, an den langen programmatischen Verfahren. Ein plausiblerer Grund ist aber Merz’ Politikstil, der fast ausschließlich auf seine eigene Person zugeschnitten ist. Schon immer hat man ihm Profilierungssucht und Egomanie unterstellt, ihn als das Gegenteil der unprätentiösen Merkel gezeichnet. So gestaltet sich auch seine Politik: Seine Reise nach Kiew wurde von einigen Kommentatoren als „Ego-Trip“ apostrophiert, der Scholz in schlechtes Licht tauchen sollte, aber inhaltlich völlig folgenlos blieb.

Die Alte-Männer-Partei

Die wirklich drängenden Probleme der CDU verdeckt Merz damit ohnehin nicht. Die Partei kämpft mit Nachwuchs und Frauenmangel, die Mitgliederstruktur liest sich wie eine Beschreibung des 66-jährigen Vorsitzenden: Der durchschnittliche CDUler ist alt, männlich und weiß. Bei den Wahlen in NRW spiegelte sich das auch wieder. Wüst siegte dank geringer Wahlbeteiligung und durch die Stimmen Älterer.

Dass Wüst, erst 46, und vor allem der nur zwei Jahre ältere Günther nun als „Kanzlermaterial“ gehandelt werden, ist für Merz gut und schlecht zugleich. Gut, weil sich die CDU wieder im Kanzleramt wähnen kann. Schlecht, weil Merz selbst nur Wegbereiter bleiben kann. Der „Trümmermann“, wie die Süddeutsche ihn nennt.

Fraglich ist, ob er das auch akzeptiert. Am Montag sah es nicht danach aus: „Ich freue mich über jeden, der Wahlen gewinnen in der CDU. Das kann ein Vorsitzender nicht alleine schaffen“, sagte er da in alter Eitelkeit. Wüst, der eigentliche Sieger, stand daneben und schwieg.

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