Nach dem Duell: Was wird aus Martin Schulz?
Der Tag nach dem TV-Duell ist der Tag vor dem TV-Duell: Angela Merkel liegt vorn, Martin Schulz ist abgeschlagen - irgendwie hat sich durch das erste und letzte Aufeinandertreffen der beiden Spitzenkandidaten wenig verändert. Die deutsche Presse ist sich so einig wie die Zuseher in der Nach-Duell-Befragung: Schulz hat es nicht besser gemacht als Merkel, er hat es nur ähnlich gemacht wie sie - und dazu noch aggressiver.
Analyse: Wie Schulz attackierte - und Merkel das Duell für sich entschied
Die Frage ist nun: Wie geht es für Schulz weiter? Der SPD-Chef hat noch drei Wochen, um den noch immer etwa 14 Prozentpunkte großen Abstand zur CDU aufzuholen; heute tritt er dafür im bayerischen Gillamoos auf - dort wird Jahr für Jahr ins politische Bierzelt gerufen. Schulz hat es dort nicht gerade leicht, denn parallel zu ihm treten einige rhetorische Schwergewichte in den Ring: CSU-Mann Karl-Theodor zu Guttenberg und FDP-Chef Christian Lindner etwa.
Steinbrück-Nachfolge
In der CDU hofft man jedenfalls, dass sich an ihm das Schicksal seines Vorgängers wiederholen wird - Peer Steinbrück lieferte 2013 eine ähnliche Performance ab wie jetzt Schulz, war im TV-Duell angriffig und attackierte Merkel. Bei ihm endete die Konfrontation in Zuseheraugen in einem Patt, was ihm zumindest leichten Auftrieb in den Umfragen einbrachte; der hielt aber die folgenden Wochen nicht an. Merkel, die damals ihren "Sie kennen mich"-Spruch prägte, holte stattdessen mehr als 40 Prozent.
In der SPD ist man deshalb - und das ist noch nett ausgedrückt - ein wenig ratlos. Bereits vor dem Duell begannen Ländervertreter, die Parteiführung wegen ihres uneinheitlichen Kurses zu attackieren; man warf vor allem Sigmar Gabriel vor, mit seiner Absage an eine Große Koalition Schulz in die Bredouille gebracht zu haben. Das merkte man beim Duell: Schulz konnte sich zu keinem Nein zu Merkel durchringen, er eierte herum. Das könnte nun im schlechtesten Ergebnis der SPD in ihrer Geschichte enden - verharrt Schulz bei seinen derzeitigen Umfragewerten, könnte er sogar noch Steinbrück unterbieten.
Zahlen-und Fakten-Dreher
Hängenbleiben wird vom Duell, das mit etwa 45 Prozent Marktanteil etwas weniger Reichweite hatte als die Duelle zuvor, vermutlich nur der Eindruck, dass alles ist wie eh und je. Einzig der Umstand, wie SAT.1-Moderator Claus Strunz das Gespräch führte, wird wohl noch für Nachwehen sorgen: "Stellt Claus Strunz die Fragen oder Alexander Gauland?“ (AfD-Politiker, Anm.) war noch eine freundliche Kritik im Netz, die sich unter dem Hashtag #strunzdumm sammelte. Strunz verbiss sich in Themen, die eigentlich zum Haus-und-Hof-Repertoire der AfD gehören, und auch sein Ton war teils etwas untergriffig.
Dazu kam, dass er durch Weglassungen Fakten verkürzte: Er legte SPD-Mann Schulz den Satz "Was die Flüchtlinge zu uns bringen, ist wertvoller als Gold" in den Mund, ließ aber das Ende der Aussage weg - nämlich: "Es ist der unbeirrbare Glaube an den Traum von Europa. Ein Traum, der uns irgendwann verloren gegangen ist.“
Auch mit den Zahlen hatte er es nicht so: Er sprach von 226.500 Ausreisepflichtigen in Deutschland; eine Zahl, die deutlich zu hoch war: Richtig ist nämlich, dass zwar insgesamt 226.457 Menschen ausreisepflichtig wären, davon aber 159.678 geduldet sind, also bleiben dürfen. Die Netz-Replik auf seine Performance: "Claus Strunz kommt aus einem sicheren Herkunftssender und kann jetzt zurück."
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