Montagsdemos – nun gegen Fremde

Friedliche Montagsdemonstrationen in Dresden, zuletzt schon mit 7500 Teilnehmern: Ausländer und Asylbewerber als diffuses Feindbild
Starker Zulauf zu Demonstrationen gegen Ausländer und Asylwerber beunruhigt Medien und Politik.

Vergangenen Montag kamen 7500 Teilnehmer, manche sahen sogar 10.000. Nach der ersten Demo von etwa 50 Leuten in Dresden vor zwei Monaten verdoppelte sich seither jede Woche ihre Zahl. Und in einem Dutzend anderer deutscher Städte versuchen Nachahmer das Gleiche, aber mit viel weniger Zulauf bisher. Damit bekommt "Pegida" plötzlich die Aufmerksamkeit der Medien und Politik, die es sich wünscht.

Die Abkürzung steht für "Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes". Es handelt sich um eine diffuse Mischung aus Bürgern, die sich gegen muslimische Einwanderung im Allgemeinen und Asylbewerber-Heime im Besonderen wenden. Dazu gehören aber auch Neonazis und andere Rechtsradikale. Und auf den Demos in Westdeutschland, wie zuletzt in Düsseldorf, auch Hooligans, also gewalttätige Fußballfans. Die meisten Teilnehmer in Dresden aller Altersklassen aber ließen sich optisch und verbal keiner Gruppe zuordnen.

Jeden Montag um 18.30 Uhr treffen sie sich in der schön restaurierten Dresdner Innenstadt. Über Lautsprecher auf einem Lieferwagen verkünden "Sprecher" ihre islamkritischen bis -feindlichen Parolen. Und dann beginnt der nur kurze "Spaziergang". Den Gegendemonstranten stoppen, zuletzt etwa 9000 Leute.

Betont gewaltfrei

Gewalt gab es, anders als bei ähnlichen Gelegenheiten in Berlin oder Hamburg, von keiner Seite: "Pegida" will streng friedlich sein und zieht offenbar gerade damit viele Normalbürger und nicht nur notorische Demonstranten an. "Wir sind das Volk", skandieren sie die Parole, mit der vor 25 Jahren an gleicher Stelle bei den Montagsdemonstrationen das Ende der DDR eingeläutet wurde.

Suspekt ist den Medien an den heutigen Demonstranten aber alles, nicht nur ihr Ziel. Denn in Sachsen beträgt der Ausländeranteil 2,2 Prozent – ein Fünftel des deutschen Durchschnitts. Auch sollen nur 12.000 Syrienflüchtlinge im 4,4-Millionen-Einwohner-Land untergebracht werden, ein Bruchteil dessen, was etwa Berlin aufnimmt.

Noch mehr als auf diese Diskrepanz stürzen sich die Medien auf den Erfinder und Hauptorganisator von "Pegida", Lutz Bachmann, 41. Der angebliche Werbefachmann ist mehrfach vorbestraft, unter anderem wegen Eigentums- und Drogendelikten. Er ist auf Bewährung frei.

Interviews verweigert er, weil er "alle Medien gleichgeschaltet" (Parole über Lautsprecher) und für "sowieso volksfern" hält. Eine klare politische Linie außer der Ausländerphobie scheint er nicht zu haben. Und selbst der widerspricht er auf Facebook mit "meinem türkischen Trauzeugen und Urlauben in Ägypten". Anders die Mit-Organisatoren, die dort klar rechtsradikale Positionen formulieren.

Strache wirbt für Pegida

Die Resonanz der Politik war bisher gering, nimmt nun aber rasch zu. Bernd Lucke, Chef der Euro- und inzwischen auch ausländerkritischen "Alternative für Deutschland", findet "Pegida" gut. Auch FPÖ-Obmann Strache wirbt auf seiner Facebook-Seite für die neue Bewegung. Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) tut das überhaupt nicht, rät aber zum Dialog. Denn totschweigen lasse sich "Pegida" nicht mehr.

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