Merkel muss nach Skiunfall "viel liegen"

Die deutsche Kanzlerin hat sich beim Langlaufen das Becken gebrochen. Die Verletzung zwingt sie zur Heimarbeit.

Das ist kein guter Start der deutschen Kanzlerin ins neue Jahr, auch wenn ihr Unfall noch 2013 passierte: Die passionierte Ski-Langläuferin zog sich beim Weihnachtsurlaub einen „unvollständigen Beckenbruch“ zu und muss sich für einige Zeit schonen. Die Regierungsgeschäfte leiden aber nur wenig darunter: Die überraschend schnell aufgebrochenen Gegensätze in ihrer Großen Koalition wird Merkel auch so eindämmen können.

"Sie ist hingefallen. Beim Langlauf. Wir gehen von niedriger Geschwindigkeit aus."

Wie Regierungssprecher Steffen Seibert erst am Montag bekannt gab, endete der alljährliche Weihnachtsurlaub der Kanzlerin bei St.Moritz in der Schweiz diesmal früher als sonst: Sie hatte sich bei einem Sturz scheinbar eine schmerzhafte Prellung des Beckens zugezogen. Merkel ist, wie die deutsche Presse teils verwundert feststellt, immer noch auf ihren über 20 Jahre alten Langlaufskiern aus DDR-Produktion unterwegs. Die blauen Flecken am Becken entpuppten sich erst vergangenen Freitag bei sorgfältiger Untersuchung in Berlin als „Infraktion“, als ein angebrochener Knochen. Genauer als „unvollkommener Bruch im hinteren linken Beckenring“, wie Seibert sagte.

"Sie ist hingefallen beim Langlauf, wir gehen von einer niederen Geschwindigkeit aus“, spielte Seibert auf den lebensgefährlichen Skiunfall des deutschen Formel-Eins-Ex-Weltmeisters Michael Schumacher fast zur selben Zeit an. Therapie für die 59-Jährige: „Sie soll drei Wochen lang viel liegen“.

Merkel, die am 30. Dezember noch ihre TV-Neujahrsansprache in Berlin aufgezeichnet hatte, muss in den nächsten Wochen den Großteil ihrer Termine absagen. Dazu zählen eine Reise nach Polen und der Empfang von Gästen wie des neuen Regierungschefs von Luxemburg, Xavier Bettel. Die CDU verschob ihre zweitägige Neujahrs-Vorstandsklausur ab Donnerstag in Erfurt.

Viel Innenpolitik

Anfangs wird Merkel auch „eine Gehhilfe“ benutzen, wie schon 2011 nach einer Meniskusoperation. Die Regierungssitzungen wird sie dennoch leiten, die erste schon morgen, wie Seibert ankündigte. Auch ihren traditionellen Empfang der Sternsinger heute werde sie sich kaum nehmen lassen.

Ihre echte Regierungsarbeit wird Merkel aber kaum einschränken: Der größte Teil ihrer Besprechungen erfolgt ohnehin in ihrem Büro mit den engsten Mitarbeitern und ansonsten weitgehend über das Handy. Damit ist die in der Verfassung vorgesehene Vertretung durch ihren Stellvertreter, SPD-Vizekanzler Sigmar Gabriel, nicht nötig.

Zum Bereden aber haben die beiden in den nächsten Tagen viel: Die Friktionen zwischen ihren Parteien brachen über die Feiertage früher und tiefer auf, als es selbst Pessimisten erwartet hatten. Diese betreffen den Umgang Deutschlands mit der seit Jahresanfang geltenden Personenfreizügigkeit für Rumänen und Bulgaren: Da hatte die CSU bei der SPD und teilweise der CDU Empörung ausgelöst, weil sie mit der Formulierung „Wer betrügt, fliegt“ die Umsetzung der im Koalitionsvertrag vereinbarten Verschärfung von Maßnahmen gegen Sozialbetrug urgiert hatte. Und die SPD schockte mit der Ankündigung, die von der EU geforderte und im Koalitionsvertrag beschlossene Sechs-Monate-„Vorratsspeicherung“ von Telefon- und Internetdaten vorläufig zu blockieren.

Trotz der Schmerzen sollten sich Patienten bald wieder bewegen, erklärte Julia Seifert, Vizepräsidentin des Berufsverbandes der Deutschen Chirurgen, am Montag der Nachrichtenagentur dpa - sonst drohe eine Thrombose.

Der Regierungssprecher sagt, Angela Merkel habe „einen unvollständigen Bruch im linken hinteren Beckenring“. Was bedeutet das?

Seifert: Die Kanzlerin ist offenbar ungünstig gefallen, so dass sie sich das Becken verletzt hat. Dafür muss der Sturz nicht einmal besonders heftig sein. Die Verletzung betrifft anscheinend den hinteren Teil des Beckenringes, also nah an der Wirbelsäule. Das dürfte in der Kreuzbeinregion sein. Sofern es ein einseitiger, inkompletter Bruch ist, wäre das ein sogenannter stabiler Beckenringbruch, den man nicht operieren muss.

Wie wird so ein Bruch behandelt?

Zuerst mit einer entsprechenden Schmerztherapie, außerdem Krankengymnastik und mit Entlastung der schmerzhaften Seite, etwa durch Gehstützen. Ich denke nicht, dass sie strenge Bettruhe haben wird. Bewegung ist wichtig für den Kreislauf und gegen Thrombose, die Verstopfung der Beinvenen.

Ist so eine Verletzung schmerzhaft?

Das tut eine ganze Weile ziemlich weh, bis der Knochen so weit ist, dass er neue Knochenzellen ausbildet und wieder fest verheilt. Die Schmerzen nehmen mit der Zeit ab, aber im Zeitraum von zwei bis vier Wochen kann das sehr unangenehm sein.

Wie ist die Prognose - verheilt so ein Bruch vollständig?

In der Regel verheilt das folgenlos. Die Brüche sind in einem Bereich, in dem viel weicher Knochen ist, der schnell verheilen kann.

Zur Person: Julia Seifert ist Leitende Oberärztin der Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie am Unfallkrankenhaus Berlin. Außerdem ist sie seit 2012 Vizepräsidentin des Berufsverbands der Deutschen Chirurgen (BDC).

Kommentare