Koalitionsspiel beginnt mit Knalleffekt

Erster Erfolg trotz interner Differenzen im SPD-Führungstrio Steinbrück (li.), Gabriel und Steinmeier (re.)
SPD mit Maximalforderungen für Koalition, CDU bricht Versprechen.

Was am Wahlabend kluge CDU-Politiker um Angela Merkel befürchteten, ist Realität: Ihr grandioser Wahlsieg wird teuer. Das Ausscheiden des bisherigen Partners FDP aus dem Bundestag führt in diesem zu einer linken Mehrheit und verringert die Koalitions-Optionen der Union dramatisch. Merkels einzig realistischer Partner SPD ziert sich demonstrativ, um damit den Preis in die Höhe zu treiben.

Dazu kultiviert die SPD mehr noch als bisher die Behauptung, Merkel habe die Sozialdemokraten in der Großen Koalition 2005 bis 2009 „ruiniert wie alle Partner“, so SPD-Ex-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück. Dies dürfe ihr nicht noch einmal gelingen, ist die von der Parteiführung ausgegebene Parole, mit der sie eigene Fehler im Wahlkampf zudeckt und das Verhandlungspotential erhöht. Die Behauptung hatte Merkel zwar schon am Wahlabend damit pariert, dass die SPD „ja jetzt vier Jahre in Opposition war und ihr Abstand zur Union da doppelt so groß wurde wie 2009. Ich bin gar nicht nötig, um die SPD zu verkleinern“.

Doch die SPD und viele Medien kultivieren das Klischee der Partner-„aussaugenden“ Merkel weiter. Um das zu verhindern, müsse die SPD nun „alle ihre Kernforderungen durchsetzen“, forderte der Sprecher der SPD-Linken Ralf Stegner. „Genau die Hälfte aller Ministerien“, verlangte der Sprecher des „rechten“ Kreises, Johannes Kahrs, nur das garantiere „Augenhöhe“. „Unbedingt Finanz- und Außenminister“, so andere Hinterbänkler.

SPD-Konvent

SPD-Chef Sigmar Gabriel muss nun diesen auch von ihm geschürten Unwillen der Basis kanalisieren und ihr die Juniorrolle bei Merkel schmackhaft machen. Heute, Freitag, hat er einen Parteikonvent von 200 Funktionären einberufen, um die Weichen für das sanfte Überzeugen der Basis zu stellen.

Diese revoltiert vor allem im SPD-starken Nordrhein-Westfalen, wo sie um die Mehrheiten in den Kommunalwahlen im Mai fürchtet, wenn sie dann in der Regierung sitzt. NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft wird die innerparteiliche Linie stark prägen.

Aber auch sie weiß: Die Alternativen sind noch schlechter. Eine Kleine Koalition mit den Grünen, die nach dem Abritt von deren linker Führung in CDU-Kreisen nicht mehr so ausgeschlossen wird wie bisher. Mit einer neuen „Realo“-Führung sehe Merkel Schwarz-Grün als echte Option, wird gestreut, unter anderem von ihrem Vertrauten, Umweltminister Peter Altmaier. Das Hauptproblem des SPD-dominierten Bundesrats bliebe dabei freilich bestehen.

Noch unangenehmer für die SPD wären Neuwahlen. In einem internen Papier warnen Kreise um Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier: Abermalige Wahlen brächten die SPD auf 20 Prozent, Merkel aber die „sichere absolute Mehrheit“.

Das weiß auch die Kanzlerin, die nun geschäftsführend bis zu ihrer Neuwahl durch den Bundestag im Amt bleibt. Sie selbst hält sich öffentlich zurück, lässt aber ihre Generäle kräftig mitmischen: Die sollen die SPD locken. Finanzminister Wolfgang Schäuble und ihr CDU-Chef-Stellvertreter Armin Laschet deuteten an, dass man die von der SPD geforderte Erhöhung der Spitzensteuer als Verhandlungsmasse betrachte. CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe gab dies intern als Linie aus.

„Keine Steuererhöhung“ war die zentrale Botschaft der Union und Merkels persönlich im Wahlkampf gewesen. Dessen Bruch hatte der SPD schon 2005 den Eintritt in die Große Koalition erleichtert. Der nur drei Tage nach der Wahl angedeutete Wortbruch empört nicht nur die Wirtschaft, die im Bundestag keine Verbündeten mehr hat. Er ist für viele ein Vorgeschmack auf die nächste Große Koalition.

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