Deutschland: Fünf Wahlen und die K-Frage

Deutschland steht vor einem Superwahljahr, das die politische Landschaft stark verändern könnte

Das Jahr endete und begann mit einer Debatte: Wer kann Kanzler? Seit Angela Merkels angekündigtem Teilrückzug schwebt die Diskussion über allem. Das mag verfrüht erscheinen, immerhin will die Kanzlerin bis 2021 regieren, aber ein Blick in den Kalender zeigt, warum sich die Frage schneller stellen könnte als erwartet: 2019 wird ein turbulentes Wahljahr, das die Partner der mühsam zustande gebrachten Großen Koalition ins Wanken bringen könnte.

Neben den Europawahlen stehen auch welche im Stadtstaat Bremen an sowie in drei neuen Bundesländern: in Sachsen, Brandenburg und Thüringen, wo die Rechtspopulisten der AfD die CDU und SPD als Volksparteien ablösen wollen. In mehreren aktuellen Umfragen liegen sie knapp hinter ihnen oder gleichauf. Die internen Machtkämpfe und die neue Partei des Ex-AfD-Politikers und Rechtsaußen André Poggenburg werden ihren Aufstieg auch nicht so schnell bremsen können. Für die Große Koalition mag der mögliche Stimmenverlust bei den Landtagswahlen nichts Gutes verheißen, die Konflikte zwischen CDU und SPD könnten sich weiter verschärfen, ebenso in den Parteien selbst.

Lackmustest für AKK

Für Annegret Kramp-Karrenbauer (AKK) werden die Wahlen zum Lackmustest. Mit ihr an der Spitze hat die CDU zwar personell eine Neuaufstellung vollzogen, an der inhaltlichen muss sie noch feilen. Laut Welt will die Parteichefin ihren Konkurrenten Friedrich Merz in eine Kommission zur sozialen Marktwirtschaft holen. Auch an der Erstellung des neuen Grundsatzprogrammes werde er mitwirken. Nicht auszuschließen, dass er im Wahlkampf durch ostdeutsche Marktplätze tingelt, um der AfD Wähler abzujagen. Die Last trägt aber die Neue. Sollte die CDU hinter die Rechten zurückfallen, der CDU-Ministerpräsident in Sachsen fallen, wird es hart. Merz-Anhänger würden ihr dies – mit Blick auf die Kanzlerkandidatur – anlasten.

 

Deutschland: Fünf Wahlen und die K-Frage

Die Kanzlerfrage beschäftigt derzeit auch die SPD. Finanzminister Olaf Scholz offenbarte zum Jahreswechsel via Bild-Zeitung seine Ambitionen auf das Kanzleramt – zum Ärger vieler Genossen. Sie fürchten das Gerede über Köpfe würde wieder Inhalte überlagern. „Wir sollten öffentlich mehr über Politik reden und weniger über uns“, forderte SPD-Chefin Andrea Nahles bei der Parteiklausur.

Steigt die SPD aus?

Für die SPD geht es 2019 um alles. Weitere Verluste im zweistelligen Bereich bzw. die Abwahl des roten Ministerpräsidenten in Brandenburg würden heftige Debatten nach sich ziehen: Über das Führungsduo Nahles/Scholz und die Rolle in der Koalition. Schon jetzt steht fest: Spätestens im Herbst 2019 wird die SPD Bilanz ziehen. Noch unter Martin Schulz hat sie im Koalitionsvertrag eine Sollbruchstelle eingeschraubt. Der angekündigte kritische Blick auf bisher Erreichtes wäre eine Rechtfertigung, die Koalition zu verlassen. Ob die SPD von der Oppositionsbank aus leichter aus der Krise findet, ist aber fraglich.

Dort könnte sie allenfalls zusehen, wie die CDU vielleicht mit FDP und Grünen einen Neuanfang wagt. Liberalen-Chef Christian Lindner signalisierte beim Dreikönigstreffen seiner Partei erneut Koalitionsbereitschaft. Schwierig wird es für die Grünen, sie wären der kleinere Partner, der zuletzt aber als Gewinner aus den Landtagswahlen hervorging. Union und FDP müssten viel aufbieten, um sie zu überzeugen. Mitentscheiden wird , ob ihr Höhenflug im Osten anhält. Dort sind die Grünen traditionell schwach.

Und da wäre noch die K-Frage. Merkel kündigte an, bis 2021 regieren zu wollen. Jamaika-Koalition oder Neuwahlen mit ihr an der Spitze sehen aber die Wenigsten. Gut möglich, dass sie ihrer Nachfolgerin schon früher den Weg ebnet.

 

Hintergrund zum Superwahljahr 2019: Wer wählt wann?

Parallel zur  deutschlandweiten Europawahl findet am 26. Mai  die Bürgerschaftswahl im Stadtstaat Bremen statt. Dort regiert die SPD seit mehr als 70 Jahren, umso bitterer wäre eine Niederlage. Aktuellen Umfragen nach liegt sie mit der CDU gleichauf bei 25 Prozent. Bei den Wahlen im Osten haben Sozial- wie Christdemokraten einen Ministerpräsidenten zu verlieren. Michael Kretschmer (CDU) muss am 1. September in Sachsen  zittern. Seine Partei und die AfD trennen aktuell nur knapp vier Prozentpunkte. Amtskollege Dietmar Woidke (SPD) hat es in Brandenburg, wo am selben Tag gewählt wird, nicht einfacher. SPD und AfD liegen dort laut einer Umfrage von Forsa gleichauf vor der CDU.  Ähnlich verhält es sich in Thüringen (Wahltag ist am 27. Oktober): CDU und AfD sind dort ebenfalls dich beinander. Sollte sich der Aufstieg der AfD weiter fortsetzen, könnte die Regierungsbildung jenseits der Rechten schwierig werden.  

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