Deutsche SPD-Ministerliste steht: Scholz wird Vizekanzler

Deutsche SPD-Ministerliste steht: Scholz wird Vizekanzler
Maas übernimmt Außenministerium, Barley Justizministerium.

Bei ihrer Ministerriege für die deutsche Regierung überrascht die SPD mit der Berliner Bezirksbürgermeisterin Franziska Giffey, die mit 39 Jahren als jüngstes SPD-Mitglied am Kabinettstisch sein wird. Bundesweit noch weniger bekannt sein dürfte die neue Umweltministerin aus Nordrhein-Westfalen, Svenja Schulze - derzeit Generalsekretärin des SPD-Landesverbandes.

Bei den vier übrigen Posten setzen die Sozialdemokraten auf erfahrene Köpfe. Die sechs Minister wurden am Freitag präsentiert:

OLAF SCHOLZ (59): Der bisherige Bürgermeister von Hamburg übernimmt das Finanzministerium als Schlüsselressort und wird Vizekanzler. Er hat in der SPD viele Karrierestationen hinter sich. Ihn verbindet mit der Fraktionschefin und künftigen SPD-Chefin Andrea Nahles ein enges Vertrauensverhältnis. Beide zogen 1998 erstmals in den Bundestag ein, bevor Scholz 2001 Innensenator der Hansestadt wurde. Danach folgten: SPD-Generalsekretär, Parlamentarischer Geschäftsführer, Arbeitsminister von 2007 bis 2009, seit 2011 Regierungschef in Hamburg.

Scholz ist in der SPD einflussreich und respektiert, aber die Sympathien fliegen dem bisweilen wortkargen Hanseaten mit verschmitztem Humor nicht zu. Er steht für solide Finanzen, die er in Hamburg zum Programm machte. Von Haus aus ist Scholz Fachanwalt für Arbeitsrecht, mittlerweile aber ein gewiefter Finanzpolitiker: Im Namen der Länder handelte er mit dem damaligen Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) die Neuordnung der Bund-Länder-Finanzen aus - die den Ländern 9,5 Milliarden Euro mehr pro Jahr beschert.

HEIKO MAAS (51): Der gebürtige Saarländer war 2013 der überraschendste Name der SPD im Kabinett, nachdem er dreimal vergeblich versucht hatte, seine Partei im Saarland zu einem Wahlsieg zu führen. Nun wird er Außenminister. Als Minister der Justiz und für Verbraucherschutz war er verantwortlich für die umstrittene Mietpreisbremse und das viel kritisierte Netzwerkdurchsetzungsgesetz gegen Hassbotschaften in sozialen Medien. Als Gegenspieler von Innenminister Thomas de Maiziere sah sich Maas nicht: Ihn verband mit dem CDU-Politiker stattdessen eine vertrauensvolle Zusammenarbeit. Für viele in der Partei erfüllte er damit die Anforderung, in Fragen der Sicherheit keine offene Flanke zu bieten. Maas meldete sich zudem immer wieder gegen Politik vom rechten Rand zu Wort.

KATARINA BARLEY (49): Die gebürtige Kölnerin mit britischem Vater und deutscher Mutter hat in der zurückliegenden Wahlperiode wohl die größten Karrieresprünge gemacht. 2013 zog sie über die Landesliste Rheinland-Pfalz erstmals in den Bundestag ein. Zwei Jahre später wurde die bis dahin in der Öffentlichkeit weithin unbekannte Juristin im Dezember 2015 zur Generalsekretärin der SPD gewählt. Eineinhalb Jahre später stieg Barley zur Familienministerin auf, weil es Amtsinhaberin Manuela Schwesig als Ministerpräsidentin nach Mecklenburg-Vorpommern zog. Nun wird die einstige wissenschaftliche Mitarbeiterin am Bundesverfassungsgericht Justizministerin.

FRANZISKA GIFFEY (39): Die Berliner Kommunalpolitikerin ist neu auf der Bühne der Bundespolitik. Bekannt ist sie aber bereits über die Hauptstadt hinaus: Als Bürgermeisterin des Berliner Bezirks Neukölln trat sie vor knapp drei Jahren die Nachfolge von Heinz Buschkowsky an, der mit bisweilen scharfzüngiger Kritik an missglückter Integration polarisierte. In dem Stadtbezirk ist fast jeder zweite der über 300.000 Einwohner Deutscher mit Migrationshintergrund oder Ausländer. Die Arbeitslosigkeit ist die höchste in Berlin.

Giffey hat sich seit Übernahme des Amtes rasch Ansehen erworben. Sie gilt als Pragmatikerin, die Probleme anpackt. Sie ist zudem in Frankfurt an der Oder geboren - und damit eine gebürtige Ostdeutsche am Kabinett. Das ist ein wichtiges Merkmal, da in der SPD darauf bestanden wurde, dass Ostdeutschland in der SPD-Ministerriege vertreten sein soll. Sie wird Familienministerin.

SVENJA SCHULZE (49): Sie ist eine Überraschung auf der Ministerliste, aber kein unbeschriebenes Blatt. In Nordrhein-Westfalen als dem größten Landesverband der SPD gilt sie als Hoffnungsträgerin: Unter Ministerpräsidentin Hannelore Kraft war sie fünf Jahre lang Wissenschafts- und Forschungsministerin. Nach der Niederlage der SPD bei der Landtagswahl im Mai 2017 und dem Rückzug Krafts stieg die gebürtige Düsseldorferin, die mittlerweile in Münster lebt, in der SPD auf: Die Landes-SPD machte sie zur Generalsekretärin. In der Bundes-SPD wurde sie im Dezember in den engeren Führungszirkel, das Präsidium, gewählt. Als Umweltministerin wird sie wesentlichen Einfluss haben auf den Kohle-Ausstieg, der vor allem Nordrhein-Westfalen betrifft. Schulze ist auch Mitglied der Gewerkschaft Bergbau-Chemie-Energie, die beim Kohle-Ausstieg auf die Bremse tritt.

HUBERTUS HEIL (45): Der SPD-Vizefraktionschef aus dem zweitstärksten Landesverband Niedersachsen ist der Zweitjüngste in der SPD-Ministerriege, in der Bundespolitik aber ein alter Hase. Seit fast 20 Jahren gehört er dem Bundestag an, und zweimal organisierte er als Generalsekretär den Wahlkampf von SPD-Kanzlerkandidaten. Die Bundestagswahlen 2009 und 2013 führten zwar jeweils zu einem Absturz der SPD auf historisch schlechte Werte - Heil wurde dies aber nicht angelastet. Bisher war er für Wirtschaft, Energie und Bildung zuständig. Heil gilt als fachkompetent und bestens vernetzt.

Heil zeichnet als Arbeits- und Sozialminister für den mit 135 Milliarden Euro größten Einzeletat der Regierung verantwortlich. Den Großteil machen die Zuschüsse an die Rentenversicherung und die Finanzierung der Hartz-IV-Grundsicherung aus. Das Ministerium steht aber nicht nur für viel Geld, sondern auch für Kernvorhaben der Sozialdemokraten: Als erstes dürfte Heil daher das gesetzliche Rückkehrrecht von Teil- in Vollzeit angehen, für den seine Vorgängerin Nahles einen Gesetzentwurf schon in der Schublade hatte.

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