Politiker würdigen verstorbenen Sowjet-Präsidenten Gorbatschow

ABD0019_20141108 - Der frühere sowjetische Staatspräsident Michail Gorbatschow steht am 08.11.2014 am Pariser Platz in Berlin, im Hintergrund das Brandenburger Tor. Er nimmt an einem Symposium gegen den Kalten Krieg teil, das zum 25. Jahrestag des Mauerfalls stattfindet. Foto: Jens Kalaene/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++
Putin übermittelte Beileid an Familie. Nehammer: Er prägte wie kein anderer die Annäherung zwischen Osten und Westen.

Nach dem Tod des letzten Präsidenten der Sowjetunion, Michail Gorbatschow, haben zahlreiche internationale Politiker ihr Beileid ausgedrückt, darunter auch das russische Staatsoberhaupt Wladimir Putin. Die Nachrichtenagentur Interfax zitierte in der Nacht auf Mittwoch Putins Sprecher Dmitri Peskow. Der Friedensnobelpreisträger starb den Berichten zufolge im Alter von 91 Jahren.

UNO-Generalsekretär António Guterres hat sich "zutiefst traurig" über den Tod Gorbatschows. Dieser sei ein "einzigartiger Staatsmann" gewesen, der den Lauf der Geschichte verändert habe, ließ Guterres am Dienstag mitteilen. "Er hat mehr als jeder andere dazu beigetragen, den Kalten Krieg friedlich zu beenden." Der Portugiese sprach der Familie Gorbatschows und der Bevölkerung Russlands sein Beileid aus. Die Aussage des Friedensnobelpreisträgers, dass Frieden nicht Einheit in Gleichartigkeit, sondern Einheit in Vielfalt sei, habe dieser mit seiner Politik in die Praxis umgesetzt.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen stellte die Bedeutung des ehemaligen sowjetischen Staatschefs Gorbatschow für Europa heraus. "Er spielte eine entscheidende Rolle bei der Beendigung des Kalten Krieges und dem Fall des Eisernen Vorhangs", schrieb von der Leyen am Dienstagabend auf Twitter. Sie bezeichnete Gorbatschow als Führungspersönlichkeit, die zuverlässig und geachtet gewesen sei. "Er ebnete den Weg für ein freies Europa. Dieses Vermächtnis werden wir nie vergessen."

"Michail Gorbatschow prägte wie kein anderer die Annäherung zwischen Osten und Westen nach dem Fall des Eisernen Vorhangs in Europa und dem Ende des Kalten Krieges. Möge er in Frieden ruhen", twitterte Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) in einer ersten Reaktion am Dienstagabend. "Tragisch bleibt, dass die Anerkennung, die er im Westen genoss, ihm in seiner Heimat nie zuteil wurde", bedauerte Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) auf Twitter.

"Großer Staatsmann"

Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) hat die Leistungen des verstorbenen ehemaligen sowjetischen Staatschef Michail Gorbatschow für eine friedliche Neuordnung Europas in den vergangenen 30 Jahren gewürdigt. Gorbatschow sei "ein großer Staatsmann" gewesen, sagte Schallenberg am Mittwoch im Ö1-Morgenjournal. "Er hat die Zeichen der Zeit erkannt."

Der Politologe und Russland-Experte Gerhard Mangott betonte im Ö1-Morgenjournal die Bemühungen Gorbatschows für atomare Abrüstung und seine Leistungen für die Freiheit der osteuropäischen Staaten. Im Westen gebe es eine"idealisierte Wahrnehmung" Gorbatschows, da er die Revolten in Osteuropa nicht militärisch niedergeschlagen habe. Gorbatschow habe gute Beziehungen zum Westen gebraucht für seine Reform der Sowjetunion.

Der britische Premierminister Boris Johnson würdigte das historische Erbe Gorbatschows. "Ich habe immer den Mut und die Integrität bewundert, die er gezeigt hat, indem er den Kalten Krieg zu einem friedlichen Ende brachte", schrieb Johnson am späten Dienstagabend auf Twitter. Zudem stellte er Gorbatschow dem russischen Präsidenten Putin gegenüber. "Zu einer Zeit von Putins Aggression in der Ukraine bleibt sein unermüdliches Engagement für die Öffnung der sowjetischen Gesellschaft ein Vorbild für uns alle", schrieb Johnson.

Der französische Präsident Emmanuel Macron würdigte den verstorbenen russischen Friedensnobelpreisträger als "Mann des Friedens". Seine Entscheidung habe den Russen "einen Weg der Freiheit" geöffnet, schrieb Macron in der Nacht auf Mittwoch auf Twitter. "Sein Engagement für den Frieden in Europa hat unsere gemeinsame Geschichte verändert."

Der prominente liberale russische Oppositionspolitiker Grigori Jawlinski würdigte Gorbatschow als einen Veränderer der Welt. "Gorbatschow gab uns die Freiheit. Er hat Millionen von Menschen die Freiheit gegeben - in Russland und seinem Umfeld und noch dazu der Hälfte Europas", schrieb der Gründer der Oppositionspartei Jabloko in der Nacht auf Mittwoch in seinem Blog im Nachrichtenkanal Telegram.

Jawlinski und die Partei Jabloko sind die letzten Reste der Opposition in Russland. Es liege auch heute in der Verantwortung der Russen, die damals geschenkte Freiheit zu nutzen, sagte Jawlinski. Wenige Anführer hätten einen solchen Einfluss auf die Geschichte gehabt. "In seinen sechs Jahren an der Macht hat Michail Gorbatschow die Welt verändert", unterstrich der Politiker.

Ein Telegramm von Putin

Der russische Präsident Wladimir Putin hat nach Angaben eines Sprechers sein tiefes Mitgefühl zum Tod von Michail Gorbatschow geäußert: Putin werde der Familie am Mittwochmorgen ein Telegramm schicken, kündigte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Dienstagabend in Moskau an.

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