Meinungsforscher von Find Out Now und Electoral Calculus ermittelten, dass Labour derzeit 48 Prozent Zustimmung einfahren würde – statt 33 Prozent bei der Wahl 2019. Die Tories drohen von 45 auf 23 Prozent einzubrechen. Sunak und 15 Minister würden ihre Sitze verlieren. Weil Großbritannien ein Mehrheits- statt ein Verhältnis-Wahlsystem hat, wäre der Erdrutschsieg in der Mandatsverteilung noch deutlicher. 2019 hatten die Tories 365, Labour 203 Sitze erlangt. Die SNP, die damals 48 der 59 schottischen Parlamentarier nach London entsandte, könnte derzeit zwei Mandate zulegen, so die Wahlforscher.
„Die Tories stünden knapp vor der Vernichtung und wären nicht einmal die offizielle Opposition“, sagten die Demoskopen. Weitere Skandale, die Sunaks ersten 110 Tage überschatteten, und Massenstreiks machten die erhofften politischen Flitterwochen zunichte. „Die Tories lagen in den letzten vier Monaten in Umfragen weit zurück, und es gibt kaum Anzeichen für eine Verbesserung“, sagte Electoral-Calculus-Chef Martin Baxter. „Sie haben landesweit an Unterstützung verloren, besonders in traditionell konservativen Gebieten“.
Chris Holbrook von Find Out Now meinte: „Ihre beste Chance hätten sie bei einer Besserung ihrer Wahrnehmung beim Thema Filz.“ Denn 63 Prozent der Briten halten die Tories für etwas oder sehr „korrupt“, so die Umfrage.
Genau hier legte Labour am Montag nach und kreidete einen „Katalog der Verschwendung“ an. Die Tories machten „vergeuderische“ Luxusausgaben, während ihre Landsleute unter hoher Inflation leiden würden. So beliefen sich Ausgaben via Ministerien-Debitkarten 2021 auf 145 Millionen Pfund (164 Millionen Euro), das sind 70 Prozent über den zehn Jahre davor erreichten 85 Millionen Pfund. Darunter waren rund 390.000 Euro vom Außenamt für Bars und Restaurants, 8.170 Euro für einen Truss-Empfang am Hafen von Sydney, 3.840 Euro für 13 Kunst-Fotografien der Tate Gallery für das Finanzministerium als Sunak es leitete. Wie die Tories auf Kosten der Steuerzahler High Life machen“, titelte die konservative Times.
Wenig hilfreich für Sunak sind auch Querschüsse aus den eigenen Reihen. So reagierte der Anti-EU-Flügel verärgert auf Berichte eines Treffens von Tory- und Labour-Politikern sowie Unternehmern hinter verschlossenen Türen zum Thema „Wie können wir sichern, dass der Brexit besser funktioniert?“ Ex-Brexit-Chefverhandler David Frost drängte die Regierung, „die Brexit-Vorteile voll und ganz zu nutzen“ und warnte vor einem „geheimen“ Plan, das Brexit-Abkommen zu untergraben.
Die Leiden Sunaks sind auch Wasser auf die Mühlen derer, die sich die Rückkehr des populistischen Johnson an die Regierungsspitze wünschen, selbst wenn auch er seinen Sitz laut Umfragen verlieren würde. „Ein Boris-Comeback scheint unausweichlich“, meinte ein Kommentator des konservativen Telegraph am Montag.
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