Tag der Entscheidung für Amerika und die Welt

Trump-Anhänger möchten Cliton einsperren lassen...
Hillary Clinton oder Donald Trump? Am Ende der heutigen Wahlnacht wird der Sieger feststehen – nach einem der schmutzigsten Wahlkämpfe.

Keine Beleidigung war infam genug, um nicht gedruckt oder gesendet zu werden. Keine Verleumdung zu schäbig. Keine Lüge zu haarsträubend. Wenn Amerika heute des Flächenbombardements mit politischen Kampfansagen überdrüssig und ermattet an die Wahl-Urnen strömt, um den 45. Präsidenten zu wählen, geht ein Spektakel zu Ende, dessen "Unwürdigkeit" nach Ansicht von US-Medien "noch lange nachwirken wird".

Tag der Entscheidung für Amerika und die Welt
(FILES) This file photo taken on October 19, 2016 shows people protesting outside the Trump Tower against Republican presidential candidate Donald Trump for his treatment of women in New York. The 2016 US presidential election will take place November 8, 2016, at least 23 months after it began. / AFP PHOTO / KENA BETANCUR / TO GO WITH AFP STORY by Ivan Couronne, "US election campaign a near two-year roller coaster"
Hillary Clinton und Donald Trump, die Übriggebliebenen dieses beispiellosen brutalen Ausscheidungskampfes, schleppen sich schwer beschädigt über die Ziellinie. Die Demokratin und der Republikaner sind beide historisch unbeliebt, Trump noch mehr als sie. Den rund 220 Millionen wahlberechtigten Amerikanern haben sie von den Vorwahlen über die Parteitage bis zu den drei großen Fernsehdebatten keine ernsthafte Sachdebatte über die Lösung der drängendsten Probleme in den Bereichen Staatsverschuldung, Bildungsmisere, Einkommensungleichheit, Arbeitsmarkt, Gesundheitsreform, Rassismus und Militäreinsätze angeboten.

Rufschädigung

Vom politischen Seiteneinsteiger Trump gezwungen, ließ sich die frühere First Lady und Außenministerin in eine Schlammschlacht ziehen, in der es nur noch um das ging, was die Amerikaner „character assassination“ nennen: die gewollte Rufschädigung des Gegners. Mehr noch: die gesellschaftliche Ächtung.

Dazu griff der selbstverliebte Geschäftsmann zu nie dagewesener Häme. Die daraus resultierenden Auswüchse machen Beobachter aus Europa sprachlos: Auf Trump-Veranstaltungen wurde regelmäßig gefordert, Clinton im Zusammenhang mit ihrer eMail-Affäre als Außenministerin einzusperren. Am Freitag verstieg sich ein Anhänger in New Hampshire sogar dazu, die Hinrichtung der 69-Jährigen zu propagieren.

"Crooked Hillary" (die betrügerische Hillary) und "Dangerous Donald" (der gefährliche Donald) haben sich einen Überbietungswettbewerb geliefert. "Das hat die ohnehin ausgeprägte Polarisierung der Gesellschaft bis ins Unerträgliche gesteigert", schrieb die Washington Post.

Die vergiftete Atmosphäre wirkt bis in den Alltag vieler Menschen hinein. Nachbarn des Autors dieses Textes, der eine Republikaner, der andere Demokrat, die 30 Jahre lang in Washington friedlich nebeneinander gelebt haben, begegnen einander heute offen feindselig. Ein zivilisierter Austausch, ein Pro und Contra, ist nicht mehr möglich. Der Trump-Anhänger argumentiert aus einem faktenfreien Parallel-Universum heraus, in dem allgemein anerkannte Tatsachen, Zahlen und Hintergründe als Beleg für die "Verlogenheit des Systems" gelten.

FBI gibt Entwarnung

Das unerwartete Eingreifen des FBI gegen Clinton vor zehn Tagen und damit die Wiederbelebung der leidigen eMail-Affäre haben Hillary Clinton zumindest in Umfragen geschadet. Das FBI zog zwar gestern zurück und entlastete die Demokratin. Ermittlungen werde es keine geben – doch ob dies noch Einfluss auf die Wahl haben wird, ist unklar. Trump holte in den Umfragen zuletzt auf.

Was ist von der morgigen Wahlnacht zu erwarten? "Wir fürchten, dass Trump eine eventuelle Niederlage nicht akzeptieren wird", sagten parteiunabhängige Experten. Ein nicht gewaltfreier Übertragung der Regierungsmacht in Amerika , das wäre der absolute Tiefpunkt in einem an Scheußlichkeiten kaum zu überbietenden Wahlkampf.

Kommentare