Der rasende Aufstieg des Linkstribuns Jean-Luc Mélenchon

Mélenchon beruhigt: „Ich will Frankreich nicht zu Kuba machen“
Eine Stichwahl zwischen Mélenchon und Le Pen ist möglich. Der Linkskandidat kommt in Umfragen bereits auf 20 Prozent.

Kann ein wortgewaltiger Politiker der Massentierhaltung bekämpft, der mit AKWs Schluss machen möchte, der Super-Reichen nehmen will um verarmten Arbeitnehmern zu geben und der Wahnsinnsgehälter von Managern begrenzen möchte – kann so jemand schlecht für Frankreich sein?

Laut jüngsten Umfragen verneinen bereits 20 Prozent diese Frage und wollen daher am Sonntag, im ersten Durchgang der Präsidentenwahlen, für den Linkstribun Jean-Luc Mélenchon stimmen. Vor einem Monat waren es erst 11,5 Prozent. Bei Jungwählern (zwischen 18 und 24 Jahren) verdreifachte sich gar die Zustimmung für Mélenchon.

Dieser rasende Aufstiegs-trend dürfte weiter anhalten, weil Mélenchon mit dem Zustrom etlicher Wähler rechnen kann, die ursprünglich für den Linkssozialisten Benoît Hamon stimmen wollten. Hamon hat ein ähnliches Programm, steht aber mit 7,5 Prozent in den Umfragen auf verlorenem Posten.

Le Pen verliert

Demnach könnte Mélenchon einer der beiden Kandidaten sein, die sich für die Stichwahl qualifizieren. Das Abschlussduell am 7.Mai könnte folglich zwischen Mélenchon und Marine Le Pen stattfinden (die Nationalistin ist von 27 Prozent Mitte März auf 22 Prozent in jüngsten Umfragen nach unten gerutscht), oder zwischen Mélenchon und dem konservativen François Fillon, der trotz des Skandals um die Scheinbeschäftigung seiner Frau wieder aufgeholt hat.

Nicht ausgeschlossen, aber weniger wahrscheinlich wäre ein Duell mit dem liberalen Zentrumskandidaten Emmanuel Macron. Der ursprüngliche Favorit hat viel von seinem Glanz eingebüßt und befindet sich in einer Abwärtsspirale, die ihn bei Umfragen für den ersten Wahlgang von zuletzt 26 Prozent (Mitte März) auf nunmehr rund 22 Prozent absacken ließ. Der Pragmatiker Emmanuel Macron verliert laufend Jungwähler an den schillernden Mélenchon. Ein besorgter Berater von Macron gestand: "Der Wahlkampf dauert eine Woche zu lang."

Warnsignal

Staatschef François Hollande, Unternehmer und moderate Gewerkschafter, warnen zwar vor dem "Abenteurer Mélenchon": dieser will Frankreich aus der NATO führen und auch die Europäische Union verlassen, sollte diese von ihrem Vorgaben für den Defizitabbau beim Budget nicht lassen und seinem Wunsch nach unverzüglicher und massiver Neuverschuldung bei der Europäischen Zentralbank nicht nachkommen. Aber Mélenchon beruhigt auf seine Weise: "Ich will Frankreich nicht zu einem Kuba machen".

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